Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern: So gelingt der Einbau im Bestand
Stand: April 2024Für Mehrfamilienhäuser sind beim Umrüsten auf eine Wärmepumpenanlage eine Vielzahl an Varianten möglich: Ob eine zentrale Anlage im Heizkeller, ein hybrides System mit einem Gasbrennwertkessel oder eine Etagenwärmepumpe für einzelne Wohnungen. Mit diesen Erfahrungen und Praxistipps gelingt der Umstieg.
Auswahl der Wärmepumpenlösung
Bei der Planung einer Wärmepumpe im Mehrfamilienhaus sollten verschiedene Varianten sowohl auf Investitions- und Betriebskosten als auch die entstehenden CO2-Emissionen geprüft werden. Diese Faktoren sind für die Auswahl entscheidend:
1. Zentrale oder dezentrale Versorgungssysteme: Wärme kann in Mehrfamilienhäusern entweder zentral für das gesamte Gebäude, dezentral je Wohneinheit oder Etage und in einer Kombination aus beiden Varianten bereitgestellt werden. Dabei kann auch von einem dezentralen fossilen Heizsystem – etwa einer Etagenheizung oder Heizöfen – auf ein zentrales Wärmepumpensystem umgerüstet werden. Dies ist allerdings mit höheren Kosten verbunden. Denn: Ein hydraulisches System muss von Grund auf neu installiert werden. Wirtschaftlicher sind in diesem Fall etwa dezentrale Luft-Luft-Wärmepumpen, die die Raumluft für die Wohnung direkt erwärmen.
2. Aufstellort: Abhängig davon, wie viel Platz im Gebäude zur Verfügung steht, kann die Wärmepumpe an unterschiedlichen Orten aufgestellt werden. Bei zentralen Versorgungssystemen kann etwa der Heizungskeller in Betracht gezogen werden: Steht hier sowohl für das Gerät als auch für die erforderlichen Luftkanäle ausreichend Platz zur Verfügung, ist der Aufwand gering. In engen Kellerräumen sind dagegen oft komplizierte Wanddurchbrüche notwendig. Eine gute Alternative kann dann eine vergleichsweise günstige Lösung außen am Gebäude sein. Bei dezentralen oder semi-zentralen Lösungen können Wärmepumpen etwa an Balkonen oder an der Fassade angebracht werden und sowohl einzelne als auch mehrere Wohnungen mit Wärme versorgen.
3. Trinkwarmwasser-Versorgung: In Mehrfamilienhäusern kann die Trinkwarmwasser-Versorgung besonders herausfordernd sein. Sowohl längere Trinkwasserleitungen bei zentralen Systemen als auch Hygieneanforderungen erfordern höhere Temperaturen als in kleineren Gebäuden. Höhere Heizlasten und Heizkosten sind die Folge. Mit verschiedenen Maßnahmen können die Temperaturen jedoch möglichst geringgehalten werden: Sogenannte Frischwasserstationen etwa erwärmen das Wasser erst bei Bedarf und nicht bereits auf Vorrat. Systeme mit Ultrafiltration vermeiden zudem das Legionellenwachstum – Hygienestandards können gewährleistet werden, geringere Systemtemperaturen sind notwendig. Dank elektrischer Durchlauferhitzer bestehen darüber hinaus auch dezentrale Lösungen, bei denen das Trinkwasser erst in der Wohnung erwärmt wird.
4. Wärmeerzeuger: Die Heizwärme kann entweder ausschließlich durch eine Wärmepumpe oder durch ein hybrides System in Kombination mit Gas-, Öl- oder Biomassekessel bereitgestellt werden. Letzteres bedeutet, dass die Wärmepumpe die Grundlast übernimmt und der Brennwertkessel nur in Spitzenlasten dazugeschaltet wird. In Mehrfamilienhäusern kann dies aus verschiedenen Gründen sinnvoll sein: Wegen der grundsätzlich höheren Heizlast kann es beispielsweise vorkommen, dass die Einsatzgrenzen der Wärmepumpe zeitweise nicht eingehalten werden können.
Wichtig: Die Vorlauftemperatur im Heizsystem kann bereits mit wenig Kostenaufwand abgesenkt werden – denn oft fällt sie geringer aus als erwartet. Das ist günstig für die Effizienz der Wärmepumpenanlage. Maßnahmen sind etwa ein hydraulischer Abgleich, eine Heizkurvenabsenkung oder der Austausch einzelner Heizkörper.
Vertiefende Themenseiten
Mehr Informationen zu Planung und Betrieb sowie zur Auswahl eines Wärmepumpensystems finden sich auf folgendenThemenseiten:
Zu beachten: Stromversorgung der Wärmepumpenanlage
Anders als fossile Heizungen wird die Wärmepumpe ausschließlich durch Strom betrieben. Jede neue Wärmepumpe muss daher beim Netzbetreiber angemeldet werden. Gerade bei Mehrfamilienhäusern sollte der Strombedarf frühzeitig mit den Kapazitäten des Hausanschlusses abgeglichen werden. Möglicherweise müssen hier Erweiterungen beantragt oder mit dem Netzbetreiber abgestimmt werden.
Neu: Seit 01.01.2024 kann der Netzbetreiber die Leistung der Wärmepumpe steuern und für maximal zwei Stunden pro Tag auf mindestens 4,2 kW reduzieren, sollten Versorgungsengpässe entstehen. Der Vorteil: Verbraucherinnen und Verbraucher bemerken eine kurzzeitige Drosselung nicht, profitieren zukünftig aber von geringeren Netzentgelten. Vor dem Betrieb muss hier ein Steuerungssystem und Strompreismodell ausgewählt werden.
Erfahrungen aus der Praxis
Weitere Praxistipps finden sich im „Praxis-Leitfaden für Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern. Status quo. Erfahrungen. Möglichkeiten“ und auf folgender Themenseite:
Leitfaden für Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern – Status quo. Erfahrungen. Möglichkeiten.
Der Leitfaden gibt einen Überblick über die Einsatzmöglichkeiten von Wärmepumpensystemen in Mehrfamilienhäusern im Bestand mit dem Fokus auf technische Lösungen und Versorgungskonzepte.