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Graue Energie und Emissionen

Stand: März 2022
Foto, mehrere LKW-Betonmischer, die in Reihe vor einer Industrieanlage stehen.

Als graue Energie bezeichnet man den Energieaufwand, der über den gesamten Lebenszyklus der eingesetzten Materialien benötigt wird. Aus dem Anteil des nicht erneuerbaren Energieaufwands und den sogenannten prozessbedingten Emissionen resultieren Treibhausgasemissionen, die als graue Emissionen bezeichnet werden. Diese werden über das globale Treibhausgaspotenzial (GWP = Global Warming Potential [kg CO2-Äqv.]) quantifiziert.

In der Europäischen Union liegt der Anteil der CO2-Emissionen, welche aus der Baustoffherstellung resultieren, bei ca. neun Prozent der Gesamtemissionen aller Sektoren.

Abgrenzung von grauer Energie und grauen Emissionen

Je nach Kontext werden die Begriffe „graue Energie“ und „graue Emissionen“ häufig gleichbedeutend verwendet. Dabei gilt: Je höher der benötigte Anteil an grauer Energie ist, umso schädlicher ist das Material für die Umwelt und das Klima. Bei der differenzierten Betrachtung gibt es jedoch einen wichtigen Unterschied. Bei der grauen Energie handelt es sich nach der gängigen Definition um den kumulierten Aufwand an nicht erneuerbarer Primärenergie. Wesentlich für die Klimaziele sind jedoch vor allem die Treibhausgasemissionen. Ein hoher Primärenergiebedarf (graue Energie) bedeutet nicht immer auch einen hohen CO2-Ausstoß (graue Emissionen). Auch wenn das Einsparen von Energie für das Erreichen der Klimaziele wichtig ist, wird die Klimawirksamkeit vieler Stoffe erst bei der Betrachtung der grauen Emissionen deutlich.

Treibhausgasemissionen im Hochbau

Die heute im Hochbauwesen verwendeten Baustoffe tragen deutlich zu den Treibhausgasemissionen bei.

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Bestimmte Baustoffe, die hinsichtlich der grauen Energie vergleichsweise schlecht abschneiden, können im Kontext der Treibhausgasemissionen klimafreundlich sein. Berücksichtigt man bei der herkömmlichen Bilanzierung die Gutschriften und Lasten außerhalb der üblichen Systemgrenze, wie das Wiederverwendungs-, Rückgewinnungs- oder Recyclingpotenzial, kann die Ökobilanz eines nachwachsenden Rohstoffs negativ (= positive Wirkung auf die Klimabilanz) werden. Unterliegen die nachwachsenden Rohstoffe keiner thermischen Verwertung, kann der positive Effekt auf das Klima noch deutlicher sein.

Relevanz der grauen Energie im Lebensweg von Gebäuden

Treibhausgasemissionen am Beispiel eines MFH-Neubaus

Mit der zunehmenden Energieeffizienz sinkt der Energieverbrauch in der Nutzungsphase von Gebäuden, womit die Relevanz der grauen Energie prozentual am Gesamteinsatz im Lebensweg von Gebäuden weiter ansteigt. Vor allem im Neubaubereich ist die Wahl der Baustoffe, Konstruktionen und Anlagenkomponenten daher mittlerweile zu einem entscheidenden Hebel für den Klimaschutz geworden. Wird nur die Bilanzgrenze des GEG betrachtet (ohne Nutzerstrom), so liegt der Anteil von grauen Emissionen bei typischen Neubauten, abhängig von der Konstruktionsweise und dem Effizienzstandard (EnEV2016/GEG/KfW55/KfW40), bei 25 – 40 Prozent der gesamten CO2-Emissionen für die Konstruktion und den Energieeinsatz in der Nutzungsphase. Dies entspricht Emissionen in Höhe von 10 – 16 kg CO2-Äqv./(m²Wfl.*a). Durch eine lebenszyklusorientierte Wahl der Baumaterialien und der Baukonstruktion können die grauen Emissionen im Durchschnitt um ca. sechs kg CO2-Äqv./(m²Wfl.*a) reduziert werden. Hochgerechnet auf das Neubauvolumen in Deutschland könnten mit einer klima- und ressourcenschützenden Bauweise jährlich ca. sieben Mio. t CO2-Äqv.eingespart werden. Wird berücksichtigt, dass beispielsweise in verbautem Holz CO2 eingelagert wird, so ist von noch größeren Einsparpotenzialen auszugehen.

Bei noch innovativeren Gebäudekonzepten wie dem Plusenergiegebäude werden die nutzungsbedingten CO2-Emissionen durch die gebäudenahe Stromerzeugung bilanziell kompensiert, wodurch lediglich die grauen Emissionen der Gebäudekonstruktion als Ansatzpunkt für weitere CO2-Einsparungen verbleiben. Aber auch aus der Gebäudesanierung ergeben sich große Einsparpotenziale in Bezug auf die graue Energie. Je nach gewähltem Gebäudetyp und Effizienzstandard liegt der Anteil der grauen Emissionen der Konstruktion bei Sanierungsvorhaben bei 10 – 25 Prozent, was Emissionen in Höhe von 3 – 8 kg CO2-Äqv./(m²Wfl.*a) entspricht.

Um die beschriebenen Einsparpotenziale nutzen zu können, ist es erforderlich, Methoden der Ökobilanzierung als festen Bestandteil in die Planung und Nachweisführung von Gebäuden zu integrieren. Entsprechende Bilanzierungswerkzeuge stehen öffentlich zur Verfügung und eine Kopplung mit entsprechender Planungssoftware ist bereits heute möglich. Eine detaillierte und vollständige Ausarbeitung einer Gebäudeökobilanz ist dabei in vielen Fällen gar nicht erforderlich, denn bereits vereinfachte Ansätze und ökobilanzielle Vergleiche können Optimierungspotenziale sichtbar machen.

Ökobilanzierung (LCA)

Mit dem ambitionierten Ziel bis zum Jahr 2045 einen „nahezu klimaneutralen Gebäudebestand“ zu erreichen, wird eine ganzheitliche Betrachtung des Lebenszyklus von Gebäuden und Baustoffen sowie der damit verbundenen Umweltauswirkungen zunehmend wichtiger.

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Es zeigt sich, dass die Umsetzung von Gebäudeenergiestandards (EnEV/GEG, KfW, Passivhaus, Nullenergie, Plusenergie) ohne Berücksichtigung der grauen Energie und Emissionen der verbauten Konstruktionen oft nicht alleine zielführend ist und die Wirkung hinsichtlich Klimaschutz teilweise verfehlt werden kann. Um eine realistische Bewertung der CO2-Emissionen im Lebenszyklus zu erhalten, ist zusätzlich zur Bewertung des Primärenergiebedarfs eine ganzheitliche Bewertung unter Berücksichtigung der Konstruktionen und Baustoffe empfehlenswert. Denn nur auf diesem Weg kann das ambitionierte Ziel der Regierung, bis zum Jahr 2050 einen „nahezu klimaneutralen Gebäudebestand“ zu erreichen, realistisch umgesetzt werden. Eine Umstellung der Nachweisführung vom Referenzgebäudeverfahren auf absolute Zielwerte wäre hierbei ebenfalls zielführend.

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