Nachhaltige Quartiersentwicklung bietet ein zentrales Handlungsfeld, um auf die Folgen des Klimawandels zu reagieren: Sie verbindet ökologische, soziale und wirtschaftliche Ziele und schafft Lebensräume, die sowohl den Klimawandel bremsen als auch seine Auswirkungen abfedern.
Nachhaltige Quartiere sind damit ein Schlüssel zur Gestaltung lebenswerter, zukunftsorientierter Städte.
Klimaschutz: Reduktion von Treibhausgasen und Ressourcenschonung
Klimaschutz zielt darauf ab, die Emissionen von Treibhausgasen zu reduzieren und den ökologischen Fußabdruck von Quartieren zu minimieren. Dies geschieht u.a. durch:
Gebäudesanierungen, optimierte Heiz- und Kühlsysteme sowie smarte Energiemanagementsysteme senken den Energieverbrauch. Beispielsweise reduzieren hohe Energiestandards bei den Gebäuden den Heizbedarf erheblich.
Der Einsatz von Solaranlagen, Geothermie oder Biomasse ermöglicht eine CO2-neutrale Energieversorgung. Quartiersnahe Energiekonzepte wie Nahwärmenetze verstärken diesen Effekt.
Ganzheitliche Planungsansätze, die Mobilität, Energie und Gebäudekonzepte kombinieren, minimieren Emissionen durch Synergien, etwa durch die Verknüpfung von Wärmenetzen mit Abwärmenutzung.
Durch die Förderung eines bewussten Lebensstils, wie kleinere Wohnflächen oder geteilte Ressourcen (z.B. Carsharing), wird der Ressourcenverbrauch reduziert ohne die Lebensqualität zu beeinträchtigen.
Diese Maßnahmen tragen direkt zur Verringerung des Klimawandels bei und schaffen die Grundlage für nachhaltige Quartiere, die langfristig ökologisch tragfähig sind.
Erneuerbare Wärme im Quartier – Netzgebundene Versorgung
Gemäß GEG 2024 muss die Wärmeversorgung von Gebäuden schrittweise auf mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien umgestellt werden. Neben Erfüllungsoptionen im Einzelgebäude existieren verschiedene Möglichkeiten dies über den Quartiersansatz herzustellen.
Klimaresilienz beschreibt die Fähigkeit eines Quartiers, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen, widerstandsfähig zu bleiben und dabei ein gesundes, lebenswertes Wohnumfeld zu bieten. Wesentliche Elemente sind:
Begrünte Dächer, Fassadenbegrünung und Parks kühlen die Umgebung, fördern die Biodiversität und binden CO2. Sie mildern Hitzinseln in Städten und verbessern die Luftqualität.
Regenwassermanagement durch Versickerungsanlagen, Retentionsteiche oder permeable Flächen verhindert Überschwemmungen und sichert die Wasserverfügbarkeit in Trockenperioden.
Die gezielte Gestaltung von Luftleitbahnen und Beschattung durch Bäume oder Gebäude reduziert Hitzebelastungen und verbessert auch das Mikroklima auf der Gebäudeebene.
Klimaresiliente Quartiere und nachhaltige Stadtentwicklung
Klimaresilienz auf Quartiersebene bedeutet, dass auf Folgen des Klimawandels reagiert wird, Schäden minimal bleiben und die Lebensqualität der Bewohnerschaft gesichert wird.
Der Albedo-Effekt – ein Zusammenspiel von Farben und Oberflächen in der Klimaphysik. Dunkle und raue Oberflächen absorbieren Licht, heizen sich auf und beeinflussen das Klima. Anders sieht es bei hellen und glatten Oberflächen aus.
Zukunftsfähigkeit: Ganzheitliche Nachhaltigkeit und Lebensqualität
Zukunftsfähigkeit vereint ökologische, wirtschaftliche und soziale Aspekte, um Quartiere langfristig lebenswert und anpassungsfähig zu machen. Sie umfasst:
Eine enge Zusammenarbeit von Architekten, Stadtplanern und Anwohnern sorgt für ganzheitliche, bedarfsorientierte Lösungen.
Transparente, partizipative Planungsprozesse erhöhen die Akzeptanz und Qualität der Maßnahmen.
Digitale Lösungen wie intelligente Verkehrssteuerung oder Energiemanagementsysteme optimieren Ressourcennutzung und Lebensqualität.
Die Verwendung recycelbarer Baumaterialien und die Förderung von Kreislaufwirtschaft reduzieren Abfall und schonen Ressourcen.
Nachhaltige Quartiere sind kosteneffizient durch niedrige Betriebskosten (z.B. durch Energieeffizienz) und langfristige Wertstabilität.
Investitionen in nachhaltige Infrastrukturen steigern die Attraktivität eines Quartiers.
Gesunde Wohn- und Arbeitsumgebungen, etwa durch gute Luftqualität oder Zugang zu Grünflächen, fördern das Wohlbefinden.
Die Bevorzugung lokaler Unternehmen und Dienstleistungen stärkt die regionale Wirtschaft und reduziert Transportemissionen.
Vielfältige Wohn- und Nutzungsangebote fördern Inklusion und lebendige Gemeinschaften.
Barrierefreie Gestaltung ermöglicht Teilhabe für alle Alters- und Bevölkerungsgruppen.
Elemente nachhaltiger Quartiere
Synergien in nachhaltigen Quartieren
Die drei Säulen – Klimaschutz, Klimaresilienz und Zukunftsfähigkeit – sind eng miteinander verknüpft und erzeugen Synergien:
Klimaschutz und Klimaresilienz: Energieeffiziente Gebäude reduzieren Emissionen (Klimaschutz) und senken gleichzeitig die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, was die Anpassung an Energieknappheit (Klimaresilienz) erleichtert. Grüne Infrastrukturen kühlen Quartiere (Klimaresilienz) und binden CO2 (Klimaschutz).
Klimaresilienz und Zukunftsfähigkeit:Blaue und grüne Infrastrukturen fördern die Nutzergesundheit und Wertentwicklung, während smarte Infrastrukturen die Anpassung an Klimaveränderungen durch datenbasierte Lösungen unterstützen.
Klimaschutz und Zukunftsfähigkeit: Erneuerbare Energien und Suffizienz senken Betriebskosten (Wirtschaftlichkeit) und fördern lokale Wertschöpfung. Integrierte Quartierskonzepte unterstützen soziale Mischung und Prozessqualität durch partizipative Planung.
Nachhaltigkeitszertifizierungen
Nachhaltigkeitszertifizierungen und damit verbundene Maßnahmen und Konzepte im Quartier helfen dabei, unter Berücksichtigung von Wechselwirkungen und Abhängigkeiten, Nachhaltigkeitsqualitäten zielgerichtet, systematisch und wirtschaftlich umzusetzen. Sie ermöglichen eine ganzheitliche Betrachtung aller relevanten Nachhaltigkeitsanforderungen und eine langfristige Qualitätssicherung auf Gebäude- und Quartiersebene. Dadurch werden von Anfang an klare Ziele definiert und somit Planungssicherheit erzielt.
Die weltweit etablierten Organisationen für nachhaltiges Bauen haben daher in den vergangenen Jahren zusätzlich zu den Gebäudeauszeichnungen Quartierszertifikate entwickelt. Die bedeutendsten Zertifikate sind das DGNB-Zertifikat Quartiere, das LEED-Zertifizierungsverfahren Neighborhood Development und die BREEAM-Zertifizierung Communities. Durch eine Zertifizierung entsteht ein positives Image des Quartiers und dessen Wertstabilität wird erhöht.
Da die Entwicklung von nachhaltigen Quartieren sich über einen langen Zeitraum erstreckt, werden beispielsweise bei einer DGNB-Zertifizierung drei Phasen eines Quartiers betrachtet und können demnach separat zertifiziert werden:
Phase I: Entwurf
Phase II: min. 25 Prozent Infrastruktur
Phase III: min. 75 Prozent Hochbau sowie öffentliche Frei- und Verkehrsflächen
Zertifizierungssysteme stellen ein belastbares Werkzeug dar, um nachhaltige Bauprojekte durch quantifizierbare Kriterienkataloge zu bewerten, zu fördern und um unterschiedliche Vorhaben miteinander zu vergleichen.
Die Bewertungsgrundlage basiert beim DGNB-Zertifikat wie auch bei den internationalen Zertifikaten LEED und BREEAM nicht nur auf ökologischen Aspekten, sondern auf einer ganzheitlichen Betrachtung des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes bzw. Stadtquartiers. Eine Zertifizierung der Nachhaltigkeit bringt auch viele ökonomische Vorteile mit sich. Von geringen Lebenszykluskosten profitieren bei einem Stadtquartier in erster Linie die Kommunen, da niedrigere Kosten für den Unterhalt von Straßen, Parks und öffentlichen Einrichtungen anfallen. Bei rechtzeitiger Prüfung während der Planungsphase lassen sich Nachhaltigkeitspotenziale frühzeitig erkennen und noch ohne großen Mehraufwand in die Projektentwicklung integrieren.
Vorteile nachhaltiger Quartiere
Planungssicherheit und klare Zieldefinition von Anfang an
Optimale Prozessqualität und langfristige Qualitätssicherung
Erhöhte Resilienz
Beitrag zu den globalen Nachhaltigkeitszielen
Gesteigerte ökologische Qualität
Lebenszyklusbetrachtung
Geringere Betriebs- und Instandhaltungskosten durch Gesamtbetrachtung des Lebenszyklus
Imagebildung und Wertstabilität des Quartiers
Hohen Beitrag zum Wohlbefinden und zur Gesundheit
Lebenswertes Umfeld durch Vermeidung gesundheitsgefährdender Baustoffe
Zufriedenheit der Nutzenden und dadurch auch höhere Akzeptanz und Identifikation mit dem Quartier
Vergleich der Nachhaltigkeitszertifizierungen
Kurzbeschreibung
LEED-ND ist ein internationales Zertifizierungssystem für Quartiere, das in den USA durch den U.S. Green Building Council (US-GBC) entwickelt wurde. Die Kriterien fokussieren auf eine integrierte Quartiersentwicklung und umfassen neben Umweltaspekten insbesondere auch soziale Aspekte. Darüber hinaus wird die Problematik der Zersiedelung adressiert.
Kriterien
Standort (Smart Location and Linkage), Quartierstruktur und Gestaltung (Neighbourhood Pattern and Design), Grüne Infrastruktur und Gebäude (Green Infrastructure and Buildings), Innovation, Regionale Priorität (Regional Priority)
Wie beim DGNB-Bewertungssystem für Gebäude wird auch bei Quartieren eine Ökobilanz durchgeführt. Die Bewertung fokussiert auf die öffentlich zugänglichen Räume zwischen den Gebäuden im Quartier (beispielsweise Verkehrswege, Plätze und Grünflächen). Dazu werden übergeordnete Konzepte u. a. für den Umgang mit Energie, Wasser und Abfall betrachtet. Die Gebäude selbst werden nur mit ihren Basiswerten einbezogen und müssen für eine Quartierszertifizierung nicht nach DGNB ausgezeichnet sein.
Kriterien
Ökologische Qualität, Ökonomische Qualität, Soziokulturelle und funktionale Qualität, Technische Qualität und Prozessqualität.
BREEAM Communities wurde von dem britischen Building Research Establishment (BRE) entwickelt und adressiert die Planungsphase von neuen Quartiersprojekten. Das System beinhaltet Zielbenchmarks die ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte der Entwicklung berücksichtigen.
Kriterien
Governance, Landnutzung und Ökologie (land use and ecology), Rohstoffe und Energie (resources and energy), sozialer und wirtschaftlicher Wohlstand (social and economic wellbeing), Verkehr und Mobilität (transport and movement), Innovation
Der European Energy Award basiert auf dem schweizerischen Programm „Energiestadt“ und ist ein internationales Qualitätsmanagement-und Zertifizierungsinstrument für kommunalen Klimaschutz. Die Bewertung basiert auf einem Punktesystem für verschiedene Handlungsbereiche (siehe „Kriterien“)
Kriterien
Entwicklungsplanung/Raumordnung, kommunale Gebäude und Anlagen, Versorgung und Entsorgung, Mobilität, interne Organisation (in Bezug auf Energiethema), Kommunikation und Kooperation
Das 2000-Watt-Areal ist ein Zertifizierungssystem, das basierend auf dem Konzept der 2000-Watt-Gesellschaft die integrierte Quartiersplanung berücksichtigt.
Kriterien
Managementsystem, Kooperation/ Kommunikation/Partizipation, Arealnutzung und Städtebau, Ver- und Entsorgung, Gebäude
Systeme zur Zertifizierung von Stadteilen weltweit
Nachhaltigkeitskriterien für Quartiere
Sämtliche Aspekte der Nachhaltigkeit sollten schon frühzeitig im Planungsprozess berücksichtigt werden. Über den gesamten Lebenszyklus eines Quartiers hinweg werden Aspekte wie die ökonomische, ökologische, soziokulturelle, technische und prozessuale Qualität betrachtet und gleichgewichtet beurteilt.
Klimaresilienz beschreibt die Fähigkeit eines Gebäudes oder eines Quartiers, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen und widerstandsfähig zu sein.
Nachhaltiges Bauen und Sanieren gewinnt weiterhin an Bedeutung. Sowohl im Bereich des öffentlichen Bauens als auch bei privaten Bauprojekten ist die Verwendung klimaschonender Baustoffe und die Betrachtung des Lebenszyklus zunehmend wichtig.
Erneuerbare Wärme im Quartier – Netzgebundene Versorgung
Gemäß GEG 2024 muss die Wärmeversorgung von Gebäuden schrittweise auf mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien umgestellt werden. Neben Erfüllungsoptionen im Einzelgebäude existieren verschiedene Möglichkeiten dies über den Quartiersansatz herzustellen.
Es sind im großen Umfang Investitionen erforderlich, um Emissionen im Gebäudebereich wirksam zu reduzieren. Grüne Finanzierungen für klimafreundliche Investitionen können dabei helfen, privates Kapital für die erforderlichen Maßnahmen zu mobilisieren.