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Thermische Behaglichkeit

Stand: Januar 2022
Foto, brennender Kaminofen in einer Wohnung, Dämmerungslicht fällt durch ein Fenster auf die Wand hinter dem Ofen.

Thermische Behaglichkeit gibt die subjektive Zufriedenheit eines Individuums mit der thermischen Umgebung wieder. Sie wird vor allem durch das Raumklima (Temperatur, relative Luftfeuchte, Luftgeschwindigkeit) sowie den Aktivitätsgrad und die Bekleidung der betrachteten Person(en) beeinflusst. Aus diesen Faktoren leiten sich die klimatischen Bedingungen ab, die in Gebäuden eingehalten werden sollten, um eine hohe (klimatische) Akzeptanz zu erreichen.

Historie

Im Jahr 1971 veröffentlichte der Däne Ole Fanger wissenschaftliche Untersuchungen mitsamt Gleichungen und Abhängigkeiten zur thermischen Behaglichkeit. Seine Ergebnisse bilden die Basis für die aktuelle Norm DIN EN ISO 7730 und wurden im Verlauf der Forschung mit Themen rund um den adaptiven thermischen Komfort, den Einfluss bzw. die Beeinflussung von Nutzerverhalten und die körperteilspezifische Behaglichkeit bei Teilklimatisierung erweitert.

Normen und Definitionen

Abbildung 1: Relevante Normen zur Ergonomie der thermischen Umgebung sowie zum Umgebungsklima

Die Berechnung der thermischen Behaglichkeit ist in der bereits erwähnten DIN EN ISO 7730 geregelt und wird von weiteren Normen ergänzt (siehe Abbildung 1). Dabei werden das sogenannte vorausgesagte mittlere Votum (PMV: predicted mean vote) und die vorausgesagte Prozentzahl der Unzufriedenen (PPD: percentage of people dissatisfied) über eine Gleichung und hergeleitete Grafiken bestimmt. Das mittlere Votum sortiert das durchschnittliche Empfinden einer Personengruppe den Kategorien „kalt“, „kühl“, „etwas kalt“, „neutral“, „etwas warm“, „warm“ und „heiß“ zu. Die Prozentzahl der Unzufriedenen ist vom PMV-Wert abhängig und hat den niedrigsten Wert bei einer neutralen thermischen Umgebung. Bei Abweichungen hin zu „kalt“ und „heiß“ steigt die Kurve symmetrisch.

Einflussfaktoren und lokale Unbehaglichkeit

Das thermische Empfinden wird von den thermischen Eigenschaften des Umgebungsklimas und des Raumes sowie von Aktivität und Bekleidung der betrachteten Person (oder Personengruppe) beeinflusst (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Einflussfaktoren auf die thermische Behaglichkeit

Bekleidungsisolation

Abbildung 3: Isolationswerte für typische Bekleidungskombinationen

Allgemein schützt Bekleidung den Menschen vor äußeren Einflüssen. Im Zusammenhang mit der thermischen Behaglichkeit in Gebäuden spielt allerdings vor allem der (Gesamt-)Isolationswert eine tragende Rolle. Oftmals wird der Wert in „clo“ (für clothing) angegeben, wobei 1 clo einem Wert von 0,155 m²/KW entspricht. In Abbildung 3 sind Beispiele für typische Bekleidungskombinationen dargestellt.

Beachtet werden sollte, dass die Anpassung von Bekleidung nur bis zu bestimmten Raumtemperaturgrenzen möglich ist und auch von gesellschaftlichen Konventionen, z. B. einem Dresscode, beeinflusst werden kann.

Aktivität

Abbildung 4: Aktivitätslevel für typische Bürotätigkeiten

Der menschliche Körper setzt je nach Aktivitätsgrad eine gewisse Energiemenge um. Daraus entsteht u. a. Wärme, die das thermische Empfinden beeinflusst. Grundsätzlich gilt, dass je niedriger das Aktivitätslevel ist, desto höher die Raumtemperatur – und umgekehrt – sein sollte. Eine typische sitzende Tätigkeit im Büro entspricht ca. 1 – 1,2 met, wobei 1 met einen Wert von 58 W/m² (Körperoberfläche) entspricht. Dieses und weitere Beispiele sind in Abbildung 4 dargestellt.

Raumkonditionierung und bauliche Aspekte

Bei der Raumkonditionierung wird die thermische Behaglichkeit durch Lufttemperatur, Luftfeuchte, Luftgeschwindigkeit sowie Strahlungstemperatur beeinflusst. Letztere ergibt sich aus den Oberflächentemperaturen der Umschließungsflächen gewichtet mit den lokalen Einstrahlzahlen. Die empfundene operative Temperatur setzt sich wiederum zusammen aus der Lufttemperatur und der Umschließungsflächentemperatur. Für sitzende Bürotätigkeiten lassen sich beispielsweise folgende Grenzwerte ableiten:

  • Luftgeschwindigkeit      bis 0,15 m/s
  • Luftfeuchte                     35 bis 60 Prozent
  • Lufttemperatur              22-24°C (bis 26°C im Sommer)
  • Abweichung zwischen operativer Temperatur und Strahlungstemperatur < 3°C

Lokale thermische Unbehaglichkeit

Für die thermische Behaglichkeit spielen neben Umgebungswerten auch lokale Unbehaglichkeiten eine Rolle. In den meisten Fällen führen diese zur Abwertung der Gesamtbehaglichkeit, d. h. dass obwohl z. B. die Raumtemperatur im idealen behaglichen Bereich liegt, die Person diese nicht als behaglich empfindet, da z. B. der Fußboden als sehr kalt empfunden wird. Bei den lokalen thermischen Unbehaglichkeiten gibt es folgende vier Kategorien, die auch in Abbildung 5 veranschaulicht sind:

  • Zugluft
  • Asymmetrie der Strahlungstemperatur
  • Vertikaler Lufttemperaturunterschied
  • Warme oder kalte Fußböden
Abbildung 5: Beispiele für lokale thermische Unbehaglichkeiten

Bewertung der thermischen Behaglichkeit in bestehenden Gebäuden

Die Einflussgrößen der thermischen Behaglichkeit können in bestehenden Gebäuden mittels Messtechnik ermittelt werden. Basierend auf den gemessenen Werten und Annahmen zu Aktivität und Bekleidung der betroffenen Personen werden das vorausgesagte mittlere Votum sowie die Prozentzahl der Unzufriedenen mittels der Formel aus der DIN EN ISO 7730 abgeschätzt.  Eine ausführliche Erfassung des Raumklimas liefert zudem Hinweise auf lokale Faktoren, die zu Unbehaglichkeiten führen.

Typischerweise werden die Daten mittels eines Messbaums an einem typischen Arbeitsplatz erfasst. Am Messständer werden bis zu 3 Kombi-Fühler für Lufttemperatur, Luftfeuchte und Luftdruck in den Höhen 0,1 m, 0,6 m und 1,1 m (sitzende Tätigkeit) oder 0,1 m, 1,1 m und 1,7 m (stehende Tätigkeit) angebraucht. Die mittlere Höhe ist hierbei der Mindestmesspunkt. Zudem werden auf dieser Höhe auch ein Thermoanemometer (Luftgeschwindigkeitsmesser) und eine Globethermometer (Messung der Strahlungstemperatur) befestigt.

 

Befragungen

Ergänzend zur messtechnischen Erfassung und Berechnung der thermischen Behaglichkeit können Befragungen der betroffenen Personen durchgeführt werden. Dafür werden das thermische Empfinden auf der Skala von „kalt“ bis „heiß“ und der thermische Komfort oder die Zufriedenheit mit dem Raumklima bezogen auf den gesamten Körper abgefragt. Ergänzend dazu können Fragen zum thermischen Empfinden bestimmter Körperteile (typischerweise Füße, Hände, Kopf) und zum Empfinden von Zugluft gestellt werden.

Zusammenfassung und Konsequenzen

Die thermische Behaglichkeit ist eine subjektive Größe und abhängig von u. a. Alter, Geschlecht, Gesundheit und Körperbau einer Person. Die Formeln der Norm basieren auf Probandenstudien mit vorwiegend gesunden Teilnehmerinnen und Teilnehmern (meist mittleren Alters), so dass bei davon stark abweichenden Personengruppen eine gesonderte Betrachtung ratsam wäre. So sollten, zumindest theoretisch, bei Gebäuden für Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder hohen bzw. niedrigen Alters Anpassungen an das Raumklima gemacht werden (z. B. Senioren-Einrichtungen, Krankenhäuser). Weiterhin kann es bei heterogener Nutzung von Gebäuden zu Interessenskonflikten bzgl. des Raumklimas kommen, z. B. zwischen Pflegepersonal sowie Patientinnen und Patienten.

Präsentationen

Vortragsfolien zur Behaglichkeit

Eine Zusammenstellung von Präsentationsfolien zur Verwendung in Vorträgen zum Thema Behaglichkeit.

Stand: Dezember 2021

PPTX 1 MB

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