In Europa ist der Gebäudebereich für etwa 40 Prozent des Energieverbrauchs und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Er ist somit der größte europäische Energieverbraucher und ein zentraler Sektor, um die energie- und klimapolitischen Ziele der Europäischen Union (EU) zu erreichen.
Die Europäische Kommission hat nach der Europawahl 2019 ihre Pläne für einen Europäischen Grünen Deal vorgestellt. Übergeordnetes Ziel ist es, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. Als Schritt in diese Richtung soll das Klimaziel 2030 für die Verringerung der Treibhausgasemissionen auf mindestens 55 Prozent angehoben werden. Um dies zu erreichen, werden der europäische energie- und klimapolitische Rahmen (Richtlinien und Verordnungen) überprüft und die Anforderungen an nationale Ziele und Instrumente in den Mitgliedstaaten verschärft, damit die jeweiligen Aktivitäten auf das europäische Ziel einzahlen und entsprechend angepasst bzw. erhöht werden. Deshalb spricht man bei den neuen oder überarbeiteten Vorschlägen von dem „Fit für 55“-Paket der EU-Kommission.
Am 15.12.2021 präsentierte die EU-Kommission ihren Vorschlag für eine Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD). Die EPBD soll nun die Renovierungsquote stärker steigern und dazu beitragen, den Gebäudebestand in der EU zu modernisieren und zu dekarbonisieren. Dazu werden auch für bestehende Gebäude die Anforderungen deutlich verschärft.
Die folgende Grafik veranschaulicht die Weiterentwicklung der geltenden EPBD:
Nächste Schritte
Es ist zu beachten, dass der im Dezember 2021 von der EU-Kommission vorgestellte Richtlinienentwurf noch nicht final ist. Im Jahr 2022 hat sich der Europäische Rat zu diesem Vorschlag positioniert und Mitte März 2023 hat auch das EU-Parlament seine Positionierung dazu abgegeben. Es wird erwartet, dass die Verhandlung des finalen Richtlinientextes voraussichtlich im April im Trilog stattfinden wird und dass noch in diesem Jahr eine Einigung erzielt werden könnte.
Zentrale Punkte bei der Verhandlung werden u. a. die Ausgestaltung der MEPS (Minimum Energy Performance Standards) sein – insbesondere in Bezug auf Spielräume bei der nationalen Umsetzung – und wie stark sich die MEPS auf die schlechtesten Gebäude – auch im Wohngebäudebereich (WG) – auswirken. Zudem werden die konkreten Anforderungen bzgl. ZEB (Zero Emission Building) und die Weiterentwicklung bzw. europaweite Harmonisierung des Energieausweises, kurz EPC (Energy Performance Certificate), verhandelt.
Als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine hat die EU-Kommission im Frühjahr 2022 den REPowerEU-Plan verabschiedet, welcher auch Einfluss auf die EPBD haben wird. Der Plan sieht u. a. eine Solarpflicht für Gebäudedächer, ein Verbot von neuen Gas- oder Ölheizungen, eine Wärmepumpenoffensive und eine Empfehlung von steuerlichen Maßnahmen für Energieeinsparungen vor. Diese Ansätze fließen in die laufende Novelle der EPBD ein.
Eine endgültige Version EPBD-Novelle wird es erst voraussichtlich 2023 geben. Wichtig ist, dass es sich bei der EPBD um eine rahmengebende Richtlinie handelt, die den Mitgliedstaaten Spielräume und Fristen bei der Umsetzung in nationales Recht lässt. Ergänzende Informationen rund um die Gesamteffizienz von Gebäuden und den Green Deal stellt die EU Kommission auf ihrer Internetseite zur Verfügung: Fragen und Antworten zu den Vorschlägen der EU-Kommission zur Energieeffizienz von Gebäuden.
Was soll sich nach den Plänen der EU-Kommission ändern?
Die EU-Kommission schlägt vor, dass ab 2030 alle neuen Gebäude emissionsfrei, d.h. sogenannte Nullemissionsgebäude, sein müssen. Für alle neuen öffentlichen Gebäude soll dies bereits ab 2027 gelten. Das bedeutet, dass neue Gebäude sehr effizient sein und sie ihren verbleibenden Energiebedarf vollständig durch Energie aus erneuerbaren Quellen decken müssen, die vor Ort erzeugt wird oder aus einem Fernwärme- und Fernkältesystem stammt.
Für Renovierungen werden neue Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz auf EU-Ebene vorgeschlagen. Nach diesen müssen die am schlechtesten abschneidenden 15 Prozent des Gebäudebestands der einzelnen Mitgliedstaaten so modernisiert werden, dass Nichtwohngebäude bis 2027 und Wohngebäude bis 2030 mindestens das Niveau F gemäß Energieausweis erreichen. Auch hier ist wieder eine Staffelung vorgesehen und es sollen vorgezogene Fristen für öffentliche Gebäude gelten.
Die Anforderungen im Detail:
Gebäude und Gebäudeteile, die Eigentum öffentlicher Einrichtungen sind, sollen
nach dem 01.01.2027 mindestens die Energieprofilklasse F und
nach dem 01.01.2030 mindestens die Gesamtenergieeffizienzklasse E erreichen;
Nichtwohngebäude und Gebäudeteile, die nicht Eigentum öffentlicher Stellen sind, erreichen spätestens
nach dem 01.01.2027 mindestens die Gesamtenergieeffizienzklasse F und
nach dem 01.01.2030 mindestens die Energieeffizienzklasse E;
Wohngebäude und Gebäudeeinheiten erreichen spätestens
nach dem 01.01.2030 mindestens die Energieeffizienzklasse F und
nach dem 01.01.2033 mindestens die Energieeffizienzklasse E.
Ein „Gebäuderenovierungspass“ soll europaweit in allen Mitgliedstaaten eingeführt werden, um sowohl die Information der Verbraucherinnen und Verbraucher zu verbessern als auch Planungen und eine schrittweise Renovierung hin zu einem emissionsfreien Niveau zu erleichtern. Dafür wird die EU-Kommission bis Ende 2023 die Anforderungen für einen gemeinsamen Rahmen erarbeiten. Bis zum 31.12.2024 führen die Mitgliedstaaten entsprechende Regelung für Renovierungspässe ein.
Folgende Anforderungen werden bereits genannt:
Der Renovierungspass
wird von einem qualifizierten und zertifizierten Sachverständigen nach einer Besichtigung vor Ort ausgestellt;
umfasst einen Renovierungsfahrplan, d. h. eine Abfolge von aufeinander aufbauenden Renovierungsschritten, die darauf abzielen, das Gebäude bis spätestens 2050 in ein Nullemissionsgebäude zu verwandeln;
enthält Informationen über mögliche finanzielle und technische Unterstützung.
Zudem schlägt die EU-Kommission vor, ein unabhängiges Kontrollsystem zur Überprüfung erstellter Renovierungspässe einzuführen. Zu beachten ist auch, dass in Deutschland derzeit der Begriff „Renovierungspass“ meist für den individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP) verwendet wird.
Mit den in der EPBD-Novelle vorgeschlagenen Maßnahmen wird klarer definiert, wie ein hochwertiger Energieausweis aussehen muss, welchen Zweck er hat und wie er ausgestellt werden sollte. Zudem werden die Kontrollmechanismen sowie die Sichtbarkeit der Energieausweise in der Immobilienwerbung verbessert.
Die vorgeschlagenen Vorgaben für Energieausweise lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die EPBD enthält eine Vorlage für Energieausweise mit einer Mindestanzahl gemeinsamer Indikatoren für Energie und Treibhausgasemissionen, z. B.: numerischer Indikator für den Primärenergieverbrauch in kWh/(m2.y) und Nullemissionsgebäude-Anforderungen. Diese werden durch eine Reihe freiwilliger Indikatoren, z. B. Ladepunkte, Luftqualität in Innenräumen und Treibhauspotenzial auf der Grundlage der Lebenszyklus-CO2-Emissionen des Gebäudes, ergänzt.
Die Verpflichtung, dass ein Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz vorliegen muss, wird auf Gebäude, die einer größeren Renovierung unterzogen werden, auf Gebäude, für die ein Mietvertrag verlängert wird, und auf alle öffentlichen Gebäude ausgeweitet.
Gebäude oder Gebäudeteile, die zum Verkauf oder zur Vermietung angeboten werden, müssen über einen Energieausweis verfügen. Die Energieeffizienzklasse muss in allen Werbeanzeigen angegeben werden.
Das neue Format für Energieeffizienzausweise sieht vor, dass die Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen, ihr Umfang im Vergleich zum Bedarf des Gebäudes und ihr Beitrag zur Verbesserung der Gesamtemissionen des Gebäudes deutlich hervorgehoben werden.
Vor der Ausstellung muss ein Vor-Ort-Besuch durch den unabhängigen Aussteller erfolgen.
Die Skala wird folgenderweise angepasst: Eine Einstufung in die Klasse A sollte emissionsfreien Gebäuden vorbehalten sein, während in die Klasse G die 15 Prozent der Gebäude jedes Landes eingestuft werden, die die schlechteste Gesamtenergieeffizienz aufweisen, wobei die übrigen Gebäude des Landes anteilig auf die Klassen dazwischen verteilt werden sollten.
Es werden gemeinsame Anforderungen an die Datenbanken für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und die Bereitstellung des öffentlichen Zugangs zu diesen Datenbanken formuliert. Dies soll die Qualität der verfügbaren Informationen verbessern und die Arbeit von Behörden und Finanzinstituten erleichtern.
Die vorgeschlagene Neufassung der EPBD erhöht die Anforderungen an die Ladeinfrastruktur und verpflichtet die Mitgliedstaaten, Hindernisse für die Errichtung von Ladepunkten für Bewohnerinnen und Bewohner in Mehrfamilienhäusern zu beseitigen. Zudem befasst sie sich mit dem Fehlen sicherer Fahrradabstellplätze und führt Anforderungen für Parkplätze in neuen und renovierten Gebäuden sowie in bestehenden großen Nichtwohngebäuden ein.
Die neuen Anforderungen an die Ladeinfrastruktur von Wohn- und Nichtwohngebäuden:
Bei neuen Nichtwohngebäuden und Nichtwohngebäuden, die einer größeren Renovierung unterzogen werden, mit mehr als fünf (bisher zehn) Parkplätzen stellen die Mitgliedstaaten Folgendes sicher:
die Einrichtung von mindestens einer Ladestation,
(Neu:) die Installation einer Vorverkabelung für jeden Stellplatz, um die spätere Installation von Ladestationen für Elektrofahrzeuge zu ermöglichen;
(Neu:) mindestens einen Fahrradstellplatz für jeden Pkw-Stellplatz.
Bei neuen Wohngebäuden und Wohngebäuden, die umfassend renoviert werden, mit mehr als drei (bisher zehn) Stellplätzen stellen die Mitgliedstaaten Folgendes sicher:
die Installation von Vorverkabelung jedes Stellplatzes, um zu einem späteren Zeitpunkt die Installation von Ladepunkte für Elektrofahrzeuge zu ermöglichen;
mindestens zwei Fahrradabstellplätze für jede Wohnung.