GEG 2024: Neue Regelungen
Stand: März 2024Mit der zweiten Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG 2024) sind zum 01.01.2024 eine Vielzahl an Neuregelungen in Kraft getreten. So erfolgt die Bilanzierung von Wohn- und Nichtwohngebäuden nun verpflichtend nach DIN V 18599. Die wahrscheinlich tiefgreifendste Änderung betrifft die Wärmeerzeugung in Gebäuden. So ist ein wesentliches Ziel der Novellierung, dass von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll (sogenannte 65%-EE-Regel). Der Umstieg auf erneuerbare Energien beim Heizen und bei der Warmwasserbereitung wurde somit gesetzlich verankert und die schrittweise Dekarbonisierung des Wärmebereichs eingeleitet.
Bilanzierung nur noch nach DIN V 18599
Seit dem 01.01.2024 muss gemäß Gebäudeenergiegesetz (GEG) die Berechnung des Energiebedarfs bei Wohn- und Nichtwohngebäuden verpflichtend mittels der Norm DIN V 18599 erfolgen. Diese Pflicht betrifft nun auch nicht gekühlte Wohngebäude und gilt damit für alle beheizten Gebäude. Die alternative Berechnungsmöglichkeit für Wohngebäude nach DIN V 4108-6 und DIN V 4701-10/12 ist zum 31.12.2023 außer Kraft getreten.
Erneuerbare Energien: 65%-EE-Regel und Übergangsregelungen nach §71
Spätestens ab Mitte 2028 wird die Nutzung von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie (65%-EE-Regel) für alle neuen Heizungen verbindlich – eng gekoppelt an die Kommunale Wärmeplanung.
- Die 65%-EE-Regel gilt ab dem 01.01.2024 zunächst nur für Neubauten in Neubaugebieten. Als Neubauten gelten Gebäude, für die ab dem 01.01.2024 ein Bauantrag gestellt wird.
- Für Heizungen in Neubauten außerhalb von Neubaugebieten und in allen Bestandsgebäuden gelten die Regelungen zum Einsatz erneuerbarer Energie erst, wenn die Fristen für die Erstellung der kommunalen Wärmepläne ablaufen. Die kommunale Wärmeplanung soll in Kommunen ab 100.000 Einwohnern bis zum 30.06.2026 und in kleineren Kommunen bis zum 30.06.2028 verbindlich sein.
- Liegt die kommunale Wärmeplanung vor Ablauf dieser Fristen vor, gilt die 65%-EE-Regel einen Monat nach der Bekanntgabe der Kommune über die "Ausweisung als Gebiet zum Neu- oder Ausbau eines Wärmenetzes oder als Wasserstoffnetzausbaugebiet".
- Kommunen, in denen bis zum Ablauf der Fristen keine Wärmeplanung vorliegt, werden so behandelt, als läge eine Wärmeplanung vor.
- Wird ab dem 01.01.2024 und vor dem Inkrafttreten der 65%-EE-Regel in der jeweiligen Kommune eine Heizung ausgetauscht, dürfen weiterhin Gas- und Ölheizungen eingebaut werden. Allerdings muss der Betreibende der Heizung in diesen Fällen sicherstellen, dass ab dem 01.01.2029 mindestens 15 Prozent, ab 2035 mindestens 30 Prozent und ab 2040 mindestens 60 Prozent der mit der Anlage bereitgestellten Wärme aus Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff erzeugt wird.
- Diese Auflage entfällt nur, wenn der Betreiber auf den Anschluss an ein neues Wärmenetz oder eine Wasserstofflieferung aus einem umgestellten Gasnetz wartet und die jeweils dafür vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt. Nach Ablauf der Wartezeit hat der Eigentümer das Gebäude an das entsprechende Netz anzuschließen. Stellt sich heraus, dass das Wärme- oder Wasserstoffnetz nicht realisiert wird, müssen die betroffenen Gebäudeeigentürmer innerhalb von drei Jahren eine andere Erfüllungsoption umsetzen (z.B. Hybridheizung durch Nachrüstung einer Wärmepumpe).
- Die 65%-EE-Regel gilt nicht für Heizungsanlagen, die vor dem 19.04.2023 (Kabinettsbeschluss) beauftragt wurden und bis zum 18.10.2024 eingebaut werden.
- Bestehende Heizungen sind nicht betroffen und können weiter genutzt werden. Auch Reparaturen sind weiterhin möglich.
- Biomasse ist als alleinige oder als hybride Technologie weiterhin auch im Neubau möglich.
- Generelles Enddatum für die Nutzung fossiler Brennstoffe in Heizungen ist der 31.12.2044.
Optionen zur Umsetzung der 65%-EE-Regel
Allgemeine Übergangsfrist
Wenn eine Heizungsanlage ausgetauscht werden muss, falls beispielsweise eine Havarie vorliegt oder eine Erdgas- oder Ölheizung irreparabel ist, kann nach § 71i für längstens fünf Jahre eine andere Heizungsanlage eingebaut und betrieben werden, die nicht den Anforderungen des § 71 entspricht. Andere Heizungen können gebrauchte Heizungen oder Mietmodelle sein. Die Frist beginnt mit den ersten Arbeiten zum Austausch der Heizungsanlage.
Diese Regelung gilt in Gemeindegebieten in denen am 01.01.2024 mehr als 100.000 Einwohner gemeldet sind, ab dem 30.06.2026 und in Gemeindegebieten in denen am 01.01.2024 100.000 Einwohner oder weniger gemeldet sind, nach Ablauf des 30.06.2028.
Soweit ein Anschluss an ein Wärmenetz absehbar, aber noch nicht möglich ist, soll nach §71j eine Übergangszeit von 10 Jahren gelten, in denen weiterhin eine fossile Heizung betrieben werden kann, wenn mit dem Wärmenetzbetreiber ein Vertrag zum Anschluss des Gebäudes und zur Versorgung mit mind. 65 Prozent Wärme aus erneuerbaren Energien abgeschlossen wird.
Übergangsfristen bei einer Etagenheizung oder einer Einzelraumfeuerungsanlage
Bei Gebäuden mit mindestens einer Etagenheizung oder Einzelraumfeuerung gilt nach § 71l eine Übergangsfrist von insgesamt bis zu 13 Jahren. Erst fünf Jahre nach dem Austausch der ersten Etagenheizung oder Einzelraumfeuerung müssen die Anforderungen des § 71 erfüllt werden. Wenn eine Entscheidung zur Umstellung auf eine zentrale Heizungsanlage getroffen wird, beträgt die Frist bis zur Fertigstellung der zentralen Heizungsanlage maximal acht weitere Jahre, so dass ein Betrieb mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien möglich wird.
Wenn der Verantwortliche innerhalb von fünf Jahren keine Entscheidung trifft, ist die Umstellung auf eine zentrale Heizungsanlage zwingend. Wenn Etagenheizungen oder Einzelraumfeuerungen weiterhin betrieben oder neu aufgestellt werden sollen müssen alle nach Ablauf der Frist von fünf Jahren eingebauten Anlagen mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden.
Alle innerhalb der Frist von fünf Jahren eingebauten Etagenheizungen oder Einzelraumfeuerungen müssen erst nach Ablauf eines weiteren Jahres die Anforderungen nach § 71 erfüllen.
Verfahren für Gemeinschaften der Wohnungseigentümer
Besondere Fristen gelten nach § 71n für Gebäude in denen Wohnungs- oder Teileigentum besteht und mindestens eine Etagenheizung oder Einzelraumfeuerungsanlage aufgestellt und betrieben wird. Bis zum Ablauf des 31.12.2024 ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet von der Bezirksschornsteinfegerin bzw. vom Bezirksschornsteinfeger die im Kehrbuch vorhandenen und für die Entscheidung über eine zukünftige Wärmeversorgung relevanten Informationen zu verlangen. Dazu gehören Informationen über die Art, das Alter, die Funktionstüchtigkeit sowie die Nennwärmeleistung der Anlage.
Innerhalb von sechs Monaten nach der Aufforderung ist die Bezirksschornsteinfegerin bzw. der Bezirksschornsteinfeger verpflichtet für jede Etagenheizung oder Einzelraumfeuerungsanlage der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die entsprechenden Informationen gegen Ersatz der Aufwendungen zu übersenden.
Darüber hinaus ist die Gemeinschaft verpflichtet bis zum Ablauf des 31.12. 2024 von den Wohnungseigentümerinnen bzw. Wohnungseigentümern der Wohnungen in denen eine Etagenheizung oder Einzelraumfeuerungsanlage aufgestellt und betrieben wird, Informationen über die Anlagen und Ausstattungen zu verlangen, die für eine Ersteinschätzung die für eine Ersteinschätzung etwaigen Handlungsbedarfs zur Erfüllung des § 71 dienlich sein können.
Die Eigentümerinnen bzw. Eigentümer sind dann verpflichtet innerhalb von sechs Monaten die geforderten Informationen zu liefern. Es geht um Informationen zum Zustand der Heizungsanlage, zu weiteren Bestandteilen wie Leitungen oder Heizkörpern, Modifikationen oder Ausstattungen zur Effizienzsteigerung. Daraufhin stellt die Gemeinschaft die Informationen innerhalb einer Frist von drei Monaten in konsolidierter Fassung zur Verfügung.
Wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer davon Kenntnis erlangt, dass eine Etagenheizung ausgetauscht und eine andere Heizungsanlage eingebaut wird muss der Verwalter eine Versammlung der Wohnungseigentümer einberufen. Die Wohnungseigentümerinnen bzw. -eigentümer müssen innerhalb der Frist des § 71l, also innerhalb von fünf Jahren, über die Erfüllung der Anforderungen nach § 71 Absatz 1 beschließen.
Regelungen zum Schutz von Mietenden
Wenn in vermieteten Gebäuden oder Wohnungen eine Wärmepumpe installiert wird, muss nach § 71o die Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe über 2,5 liegen, damit der Vermietende die volle Modernisierungsumlage geltend machen kann. Wenn der Vermietende den Nachweis nicht erbringt, sind nur 50 Prozent der Kosten umlagefähig. Wenn allerdings das Gebäude mindestens der Wärmeschutzverordnung in der bis zum Ablauf des 31.01.2002 geltenden Fassung entspricht, entfällt der Nachweis. Auch wenn nach einer Sanierung mindestens die Anforderungen des Effizienzhauses 115 oder 100 erreicht werden oder das Gebäude lediglich mit einer Vorlauftemperatur bis zu 55 °C betrieben wird, entfällt der Nachweis.
Mit dieser Regelung sollen Mietende vor unnötig hohen Heizkosten geschützt und gleichzeitig soll sichergestellt werden, dass die Investitionen der Steigerung der Energieeffizienz des Gebäudes dienen. Der Nachweis muss von einem Fachunternehmer auf Basis der VDI 4650 Blatt 1:2019-03 oder einem vergleichbaren Verfahren, in der Regel vor Inbetriebnahme, erbracht werden.
Die Kosten, die für den Einbau von Heizungsanlagen zur Erfüllung des § 71 GEG für die entsprechende Wohnung aufgewendet werden, können zu 10 Prozent auf die jährliche Miete umgelegt werden. Dies wird ermöglicht durch eine mit dem GEG beschlossene Ergänzung des § 555b BGB. Nicht berücksichtigt werden die in Anspruch genommenen Drittmittel. Allerdings darf sich die Miete um nicht mehr als 0,5 Euro pro m² Wohnfläche innerhalb von sechs Jahren erhöhen.
Wie bisher auch können Modernisierungsmaßnahmen nach § 555b BGB mit 8 Prozent der für die entsprechende Wohnung aufgewendeten Kosten auf die jährliche Miete umgelegt werden. Modernisierungsmaßnahmen nach § 555b BGB sind bauliche Veränderungen, durch die Endenergie nachhaltig eingespart wird, der Wasserverbrauch nachhaltig reduziert wird, der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht wird, die Mietsache einen Glasfaseranschluss erhält, bei dem der Mieter den Anbieter frei wählen kann oder die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert werden. Erhaltungsmaßnahmen nach § 555a BGB sind nicht umlegbar und die Kosten dafür müssen herausgerechnet werden.
Fristen und Nachweise
Das GEG 2024 setzt eine Vielzahl von Fristen für Eigentümer, Vermieter und Mieter und definiert damit konkrete zeitliche Vorgaben beispielsweise für die Umstellung der Wärmeversorgung auf 65 Prozent erneuerbare Energien. Weiterhin regelt das GEG, welche Nachweise bei Einbau, Betrieb und Austausch von Heizungsanlagen notwendig sind.
Beratungspflicht bei Einbau von Verbrennungsheizungen
Wer nach dem 01.01.2024 eine Heizungsanlage einbauen möchte, die mit festen, flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen betrieben wird, muss sich vorab beraten lassen. Ziel ist es, mögliche Kostenrisiken solcher Heizungsanlagen aufzuzeigen. Die Beratung soll daher auf mögliche Auswirkungen der Wärmeplanung und eine mögliche Unwirtschaftlichkeit, insbesondere aufgrund ansteigender CO2-Bepreisung, hinweisen.
Diese Beratung darf von allen Personen durchgeführt werden, die in § 88 Absatz 1 (zur Ausstellung von Energieausweisen) sowie in § 60a Absatz 4 Nummer 1, 2, 4 und 6 (zur Betriebsprüfung von Wärmepumpen) genannt sind. Dies sind u.a. auch Fachleute aus dem Schornsteinfeger-, Installations- und Heizungsbau, Ofen- und Luftheizungsbau-Gewerbe sowie alle eingetragenen Energieberatenden von der Energieeffizienz-Expertenliste für Förderprogramme des Bundes.
Die im Gesetz genannten Informationen, welche als Grundlage für die entsprechende Beratung herangezogen werden sollen, und ein dazugehöriges Formblatt für den Nachweis der Informationspflicht haben das BMWK und das BMWSB in folgendem Dokument veröffentlicht:
PFLICHTINFORMATION VOR DEM EINBAU EINER NEUEN HEIZUNG (PDF / 431 KB)
Härtefälle
Wenn die Pflicht zum Einbau einer Heizung mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien für Gebäudeeigentümerinnen bzw. -eigentümer eine besondere Härte darstellt, kann davon abgewichen werden. Das Gebäudeenergiegesetz enthält in § 102 eine allgemeine Härtefallregelung.
Wenn die notwendigen Investitionen nicht in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag oder zum Wert des Gebäudes stehen. Dabei sind erwartbare Preisentwicklungen für Energie und Treibhausgase zu berücksichtigen.
Aus besonderen persönlichen Umständen kann ebenfalls eine unbillige Härte resultieren.
Empfangende einkommensabhängiger Sozialleistungen können sich nach mindestens sechs Monaten ununterbrochenem Bezug auf Antrag ebenfalls von den Anforderungen befreien lassen.