Projekt
Für die Sanierung eines siebengeschossigen 60er-Jahre-Apartmenthauses im Ostend der Mainmetropole Frankfurt hatte sich die Eigentümerin des Gebäudes, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, zum Ziel gesetzt, ein Modellprojekt zu realisieren und die eigene Vorreiterrolle in der nachhaltigen Sanierung von Bestandsgebäuden zu unterstreichen. Das galt vor allem für die (energetische) Transformation der ca. 30 Quadratmeter großen Wohneinheiten, die zuvor ganzjährig über eine Gasheizung mit Warmwasser hatten versorgt werden müssen. Die Sanierung erfolgte in Holzbauweise mit natürlichen Dämmstoffen, Erker und auch ein Aufzug und Balkone an der Gebäuderückseite wurden in Holzbauweise erstellt. Nach dem Prinzip des seriellen Sanierens wurden vorgefertigte Fassadenelemente verwendet, die mit Zellulose, geschredderter Zeitung, bereits im Werk gedämmt worden waren. Ebenso wurden die dreifach verglasten Holz-/Aluminiumfenster bereits vorab eingebaut. Die Sanierung ermöglicht den Verzicht auf Öl oder Gas, die Energieversorgung erfolgt durch Photovoltaikelemente auf dem Dach und an der Hauswand, die Beheizung des Gebäudes über eine Kleinstwärmepumpe.
Innovativ war aber auch die Einbindung der Mieterinnen und Mieter, von denen einige schon jahrzehntelang in dem Haus leben: Während der gesamten Sanierungsphase konnten sie in dem Gebäude wohnen bleiben. Das Projekt erweist sich so auch in sozialer Hinsicht als vorbildliches Gegenmodell zu den häufig zu beobachtenden Gentrifizierungstendenzen im urbanen Raum.
- 65% Erneuerbare Energien
- Baustoffe
- Sanierung
- Serielles Sanieren
- Wärmepumpe
- Wohngebäude
Bautafel:
BAUVOLUMEN
2180 m² BGF, 30 Wohneinheiten sowie Restaurant
BAUZEIT
2022 – 12/2023
ENERGETISCHER ZUSTAND
KfW 40 Plus
VERWENDETES MATERIAL
Außenwand/Erker/Balkone: Vorgefertigte Holzelemente, mit Zellulose (geschredderte Zeitung) bereits im Werk gedämmt – verwendet wurden regionale Hölzer (PEFC)
Dachkonstruktion: vorgefertigte Gauben, Dachelemente aus Stegträgern 400 mm mit Zellulose gedämmt, Zwischendecken mit Holzweichfaserdämmung, Dachbegrünung aller Gauben und Flachdachflächen, Mikrobewässerung aus Regenwasserzisterne
Gebäuderückseite: Fundamente in Ökobeton Zement, klimaneutraler Beton, Aufzugsschacht in Massivholzbauweise, Erweiterung der Geschossflächen mit Einhausung in Holzbauweise auf Holzstützen in Brandschutzklasse F90 im Erdgeschoss.
Fenster: Dreifach verglaste Holz-/Aluminiumfenster
Fliesen: „Cradle to Cradle“-zertifiziert
VERWENDETE GEBÄUDETECHNIK
Photovoltaikanlage auf Steildach & großflächige Fassadenanlage, <30 kWp, Batteriespeichersystem auf Basis Salzschmelztechnologie
Batteriespeicher mit Energiemanagement
Kleinstwärmepumpe mit 3 kW Leistungsaufnahme zur Kühlung und Beheizung des Hauses
Heizung: Wandheizung im Tichelmann-System
Die Gebäudetechnik kann auch kühlen
Zentrale Komfortlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
Gebäudeautomation optimiert die Energieprozesse, Temperaturen, Luftqualitäten, Beleuchtung, Rauchmelder und vieles mehr
Zisternen (25.000 Liter) sowie Kleinkläranlage zur Mikobewässerung und WC-Versorgung
Energiegewinnung aus dem Abwasser
Herausforderungen
Die Komplettsanierung des siebengeschossigen Apartmenthauses sollte mit so wenigen Einschränkungen für die Mietenden wie möglich einhergehen. Gleichzeitig ging es darum, auch einkommensschwächeren Mietparteien das Weiterwohnen in der gewohnten Umgebung zu ermöglichen. Durch Einbindung der Mieterinnen und Mietern sowie geschickte Planung wurde erreicht, dass während der Sanierung niemand ausziehen musste. Auch für die zukünftige Mietpreisgestaltung wurden unter Einbindung aller Parteien innovative, sozialverträgliche Lösungen gefunden.
Eine der größten Herausforderungen bestand in den zuletzt immens gestiegenen Baukosten. Hier war eine intelligente Planung gefragt, um bestmögliche Ergebnisse bei Einhaltung des Kostenrahmens zu erzielen. Zu den wichtigsten Lösungen gehörte die Verwendung von vorgefertigten Elementen wie Erkern und Balkonen, bei deren Entwicklung und Produktion digitale Prozesse eine wichtige Rolle spielen.
Ziele & Erfolge
Nach der Sanierung im Sinne des „Energiesprong“-Prinzips garantieren helle, natürlich klimatisierte Räume und wohngesunde Materialien ein komfortables Wohnen und eine hohe Aufenthaltsqualität. Die hochwertige kompakte Gebäudehülle schützt vor Kälte im Winter wie vor Hitze im Sommer. Gleichzeitig können so die Heizenergieverbräuche dauerhaft niedrig gehalten werden. Durch das Sanierungskonzept und die verwendete Gebäudetechnik wird die höchste Energieeffizienzklasse KfW 40 Plus erreicht. Das bedeutet: aktiver Klimaschutz durch geringen Primärenergiebedarf und niedrigen Endenergiebedarf. Durch den Einbau eines Holzaufzugs punktet das Gebäude nun auch in Sachen Barrierefreiheit. Das i-Tüpfelchen setzt ein Restaurant, das im Erdgeschoss des Gebäudes einzieht, sein eigenes Gemüse anbaut und auch vegane Gerichte anbietet. Die Abwärme von hier soll auch zum Heizen verwendet werden – eine gelungene Abrundung des nachhaltigen Gesamtkonzepts.
Lessons learned
Die Projektverantwortlichen wurden in der Annahme bestätigt, dass es sich beim seriellen Sanieren nach dem „Energiesprong“-Prinzip um eine Sanierungslösung handelt, die einfacher, schneller und wirtschaftlicher ist als manch bisheriger Ansatz. „Energiesprong“ ist niederländisch und bedeutet „Energiesprung“, das Prinzip wurde erst 2013 in den Niederlanden entwickelt. Seine Marktentwicklung in Deutschland wird von der Deutschen Energie-Agentur (dena) koordiniert. Ein neu gedachter digitalisierter Bauprozess, vorgefertigte Elemente und ein innovatives Finanzierungsmodell können Gebäude innerhalb kurzer Zeit auf einen NetZero-Standard bringen. Dabei erzeugen sie im Jahresdurchschnitt so viel erneuerbare Energie, wie für Heizung, Warmwasser und Strom benötigt wird. Der Ansatz vereint Klimaschutz und bezahlbares Wohnen, energetische Sanierungen werden zügig in der Breite umsetzbar.