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Bauen mit Beton: Es geht auch klimafreundlich!

Stand: September 2023
Foto, Hochhaus mit bunten Loggien, Unité d´Habitation, Marseille

Aufgrund seiner schlechten Klimabilanz steht Beton als Baustoff zunehmend in der Kritik. Mit seinen vorteilhaften Eigenschaften ist er für den Bau moderner Infrastruktur in vielen Bereichen jedoch nach wie vor unverzichtbar. Neue innovative Ansätze zeigen einen Ausweg aus dem Dilemma: Etwa mit Recycling-Beton oder CO2-ärmeren Zusätzen könnte zukünftig eine große Menge an Treibhausgasemissionen vermieden werden.

 

Zwischen Alleskönner und Klimakiller

Beton ist einer der ältesten Baustoffe der Welt: Bereits im alten Rom wurden Brücken, Aquädukte oder Tunnel aus einer betonähnlichen Mischung gebaut. Die antiken Bauwerke sind auch nach über 2.000 Jahren gut erhalten und belegen die hohe Widerstandskraft des Baumaterials. Darüber hinaus verfügt Beton über viele weitere vorteilhafte Eigenschaften: Das mineralische Gemisch aus Zement, Sand, Kies und Wasser ist frei formbar und bietet eine große Gestaltungsvielfalt beim Bauen. Zudem wirkt Beton durch seine hohe Rohdichte schallschluckend, er kann wasserundurchlässig ausgeführt werden und verfügt über gute Brandschutzeigenschaften. Beton wirkt sich zudem regulierend auf das Raumklima aus, da seine hohe thermische Masse dazu beiträgt, Temperaturschwankungen zu verlangsamen und auszugleichen. In dieser Vielfalt lässt sich Beton durch kaum einen anderen Baustoff ersetzen.

Die Kehrseite: Beton ist für acht Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich und benötigt immense Mengen an Ressourcen und Wasser. Die Herstellung von Beton zählt damit zu den größten Treibern des Klimawandels. Grund dafür ist die energieintensive Herstellung von Zement – einer der zentralen Inhaltsstoffe von Beton. Hinzu kommen die CO2-Emissionen aus dem chemischen Prozess, wenn der Kalkstein entsäuert wird. In Summe haben die 4,5 Milliarden Tonnen weltweit hergestellten Zements allein im Jahr 2022 ganze 2,8 Milliarden Tonnen CO2 verursacht – mehr als das Vierfache des gesamten deutschen CO2-Ausstoßes. Klar ist: Wer die Klimaziele ernst nimmt, muss sich mit dieser Problematik beschäftigen und über kurz oder lang nachhaltigere Alternativen wählen. Dabei muss auf den Baustoff keinesfalls verzichtet werden. Schon heute existieren viele innovative Ansätze, die es ermöglichen, mit Beton CO2-ärmer und nachhaltiger zu bauen. Ziel muss sein, sie in der Baubranche bekannter zu machen und zu etablieren. 

Recycling-Beton: Ein nachhaltiges Revival

Nutzen, was bereits da ist, anstatt neu zu produzieren – so lautet eine Möglichkeit, das Bauen mit Beton nachhaltiger zu gestalten. Selbst großen Mengen Bauschutt können mit sogenanntem Recycling-Beton neues Leben eingehaucht werden. Die klimaschädlichen Inhaltsstoffe wie Zement werden hier zu großen Teilen durch Rezyklate ersetzt. Bislang wird Recycling-Beton aber zumindest in Deutschland nur mit großer Zurückhaltung eingesetzt. Mineralische Abfälle werden aktuell fast ausschließlich für den Straßenbau und eher selten im Hochbau verwendet. Dabei könnte dies eine zukunftsweisende Lösung darstellen: Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW geht davon aus, dass 45 Prozent der Gesteinskörnung in Beton durch Rezyklate ersetzt werden könnten. Die notwendigen Technologien dafür sind bereits vorhanden: Das Unternehmen Oxara beispielsweise hat ein Verfahren entwickelt, mit dem zementfreie Gemische relativ kostengünstig hergestellt werden können. Diese basieren in Teilen aus lehmhaltigem Aushub und Bauschutt, und sie sind für Böden, Estriche oder nichttragende Wände geeignet.
 

Leichtbau: Materialeinsatz reduzieren

Das Credo im Leichtbau lautet: nur das verbauen, was wirklich gebraucht wird. Ein Paradebeispiel für diesen Ansatz ist etwa Gradientenbeton. Hier werden verschiedene Eigenschaften des Baustoffs genutzt, um den Materialbedarf deutlich zu reduzieren. Bauteile aus Beton im Gebäudeinneren werden in der Regel unterschiedlich stark beansprucht. An Stellen mit geringerer Belastung ist auch erheblich weniger Material nötig. Zugleich lassen sich die Eigenschaften von Beton wie Festigkeit oder Dichte innerhalb eines Bauteils sehr gut variieren. Je nach Belastung am Bauteil können etwa Hohlräume oder Poren eingeplant werden – an Decken und Wänden kann so bis zu 40 Prozent Material eingespart werden. Die Technologie wurde von dem Bauingenieur und Architekten Prof. Dr. Werner Sobek am Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) der Universität Stuttgart entwickelt. Mit dem Rosenstein-Pavillon in Stuttgart hat das Forschungsteam bereits einen eindrucksvollen Prototypen dieser Bauweise umgesetzt. 

Carbon Capture: CO2 speichern

Kommt Beton weiterhin als Allrounder in der Baubranche zum Einsatz, lassen sich Treibhausgas-Emissionen nicht vollständig vermeiden. Eine weitere Möglichkeit ist daher, das bei der Herstellung freigesetzte CO2 wieder aufzufangen und langfristig zu lagern. Hier beweisen Zementhersteller zunehmend Erfindungsreichtum. Die Firma neustark etwa hat einen Weg gefunden, Abbruchbeton nicht nur zu recyclen, sondern zusätzlich CO2 in dem Betongranulat zu speichern. Die Methode basiert auf dem Prinzip der natürlichen Mineralisierung und Karbonisierung. Der Prozess dauert in der Natur sonst über 1.000 Jahre und wird mit dem Verfahren auf wenige Stunden verkürzt.

Weitere innovative Lösungen zum nachhaltigen Bauen mit Beton auf der Themenseite

Weiterführende Informationen

Unterstützung beim zirkulären Bauen
Recycling-Beton ist nur ein Beispiel für zirkuläres Bauen. Sowohl für Recycling als auch die Wiederverwendung einzelner Bauteile und -materialien existieren bereits zahlreiche Angebote.
Mehr Informationen

Marktplätze für Recycling-Baustoffe und gebrauchte Bauteile
Digitale Plattformen und Marktplätze haben sich auf das Thema Urban Mining spezialisiert und bieten gebrauchte Bauteile und recycelte Materialien an.
Mehr Informationen

Environmental Product Declarations (EPDs)
EPDs sind standardisierte Datensätze, die Informationen zur Umweltauswirkung von Baustoffen und Produkten transparent darstellen.
Mehr Informationen

Gebäuderessourcenpass
Der Gebäuderessourcenpass sorgt für Transparenz bei verbauten Rohstoffen und Produkten sowie ihrer Qualität und Kreislauffähigkeit.
Mehr Informationen

Digitales Materialkataster
In digitalen Materialkatastern und Materialpässen können detaillierte Informationen zu verbauten Bauteilen und Materialien gespeichert werden.
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