Ökosystem-Dienstleistungen: Baustoffe als Klimaretter
Stand: Juli 2024Wenn es um die Nachhaltigkeit von Baumaterialien geht, steht häufig der Energieaufwand der Herstellung im Fokus. Nachwachsende Rohstoffe leisten bereits in der Anbauphase einen wichtigen Beitrag zum Erhalt unserer Ökosysteme.
Alternative Baustoffe gelten im Vergleich zu konventionellen Materialien wie Glas oder Zement vorrangig wegen ihrer CO2-armen Herstellungsweise als nachhaltig. Wenig diskutiert ist hingegen, welche Auswirkungen sie bereits vor und während ihres Abbaus auf bestehende Ökosysteme haben. Während der Abbau von Sand, Kies oder Erzen teils massive Eingriffe in Landschaft und Lebensräume nach sich zieht, haben viele nachwachsende Rohstoffe im Gegensatz dazu bereits in ihrer Anbauphase eine sehr positive Umweltwirkung. Etwa, indem sie vor Bodenerosion schützen, die Wasserqualität verbessern, Kohlenstoff im Boden speichern – oder sogar dabei unterstützten, beschädigte Ökosysteme zu renaturieren.
Mehrwert für die Umwelt
Leisten bestimmte Rohstoffe einen Beitrag dazu, dass ein Ökosystem funktioniert, spricht man von sogenannten Ökosystem-Dienstleistungen (ÖSL). Als Dienstleistungen kommen diese dem Menschen zugute, indem sie die Lebensgrundlage – etwa durch den Zugang zu Nahrung und Wasser – zur Verfügung stellen. Ein Positivbeispiel sind etwa nachwachsende Rohstoffe aus Paludikulturen, Stroh oder Miscanthus, die oft auch in der Baubranche zum Einsatz kommen. Die verstärkte Nutzung fördert neue Wertschöpfungsketten und den vermehrten Anbau dieser Pflanzenkulturen. Sprich: Je mehr sie verbaut werden, desto größer der Nutzen für die Umwelt. Zwei Beispiele:
Miscanthus: Tagebauflächen renaturieren
Miscanthus – auch Chinaschilf oder Elefantengras genannt – speichert nicht nur große Mengen CO2 in der Anbauphase, sondern kann darüber hinaus sogar dazu beitragen, kontaminierte oder nährstoffarme Flächen für eine landwirtschaftliche Nutzung zu regenerieren. Das zeigt etwa das Forschungsprojekt Miscomar+: Seit Mai 2021 baut das Projekt Miscanthus auf rund einem Hektar einer ehemaligen Tagebaufläche in der Lausitz an. Das Ziel: sogenannte Kippenböden – Flächen, auf denen zuvor Abfallmaterialien aus dem Bergbau gelagert wurden – aufwerten. Als Baustoff wird Miscanthus unter anderem für Biobeton und Dämmstoffe verwendet.
Paludikulturen: Moore wiedervernässen
Moore haben eine kaum zu überschätzende Bedeutung für den Klimaschutz: Aktuell speichern intakte Moore weltweit rund 600 Milliarden Tonnen Kohlenstoff. Dieses Potenzial könnte weiter gehoben werden, wenn bereits trockengelegte Moore wiedervernässt würden. Dazu leistet die Idee der Paludikulturen einen entscheidenden Beitrag – also der nasse Anbau von Schilf oder Typha. Im Projekt Paludi-PRIMA wurde bereits dazu geforscht, wie Schilf gezielt angebaut werden kann, um eine positive Wirkung auf entwässerte Moorböden zu erzielen. Gleichzeitig kann die Biomasse aus Paludikulturen etwa zu diversen nachhaltigen Bau- und Dämmstoffen weiterverarbeitet werden.
Weiterführende Informationen
Weitere Informationen finden sich auf der Themenseite „Ökosystem-Dienstleistungen“ des Gebäudeforums klimaneutral: