„Die Frage ist nicht, ob die Wärmepumpe funktioniert, sondern welche"
Stand: April 2025
Als erfahrener Heizungsbauer kennt Daniel Bernarding die Chancen und Herausforderungen der Wärmepumpentechnik in- und auswendig.
Im Interview verrät er, wie sich auch wenig gedämmte Altbauten erfolgreich umrüsten lassen. Zudem gibt er wertvolle Tipps zu Wartung, Förderung und Fachkräfteausbildung.
Herr Bernarding, wie kam es, dass aus dem Nischenprodukt Wärmepumpe plötzlich eine Lösung für jedermann wurde?
Wärmepumpen sind keineswegs neu. Sie sind seit Jahrzehnten längst Standard im Neubau. Zum Vorteil für den Altbau: Hier galt lange das Kältemittel R410A als problematisch, weil es bei hohen Vorlauftemperaturen ineffizient lief. Deswegen denken heute noch viele Menschen, dass Wärmepumpen im Altbau ineffizient seien. Neue Kältemittel, wie R32 oder Propan ermöglichen problemlos auch höhere Temperaturen bis 75 Grad und sind außerdem umweltverträglicher aufgrund des geringeren Treibhauspotenzials. Dadurch ist die Wärmepumpe auch für ältere, weniger gedämmte Gebäude praktikabel geworden.
Ist das ein entscheidender Faktor für die wachsende Akzeptanz der Wärmepumpe?
Ja. Viele früher gängige Vorurteile – zum Beispiel, man brauche immer eine Komplettsanierung – stimmen so nicht mehr. Die Frage ist nicht, ob die Wärmepumpe funktioniert, sondern welche die richtige ist. Das Bewusstsein dafür setzt sich zum Glück immer mehr durch.
Wie sieht das konkret in einem Bestandsgebäude aus? Können Sie ein Beispiel nennen, das zeigt, dass eine Wärmepumpe auch ohne Dämmung sinnvoll ist?
Meine Eltern leben in einem Haus aus dem Jahr 1856. Bis vor drei Jahren haben sie jährlich 3.500 Liter Heizöl verbraucht – zu heutigen Preisen wären das rund 3.700 Euro. Nach dem Wechsel auf eine Luft-Wasser-Wärmepumpe und ohne weitere Dämmmaßnahmen liegt der Verbrauch jetzt bei etwa 8.000 kWh Strom. Die Effizienz ist mit einer Jahresarbeitszahl von 3,3 sehr gut. Und das bei eher kleinen Heizkörpern. Die Kosten liegen bei etwa 1.900 Euro im Jahr. Sie haben sich also halbiert, und der Energieeinsatz ging auf ein Viertel zurück. Wer dazu noch eine Photovoltaik-Anlage installiert, kann die Kosten weiter senken.
Sie selbst leben ebenfalls in einem Altbau. Haben Sie sich dort auch gegen Dämmung entschieden?
Ich lebe in einem Bauernhaus aus dem 19. Jahrhundert und habe es nicht aufwendig gedämmt. Auch hier arbeitet die Wärmepumpe sehr effizient. Viele Kunden wollen erst dämmen und dann die Heizung austauschen. Doch wer einen mittleren fünfstelligen Betrag für die Dämmung der Wände ausgibt, dem fehlt es dann oft erstmal an dem nötigen Kleingeld für einen nachhaltigen Heizungstausch. Umgekehrt kann man sofort auf die Wärmepumpe setzen und Dämmmaßnahmen nachträglich vornehmen. Ist das geplant, sollte die Wärmepumpe natürlich entsprechend kleiner dimensioniert werden.
Vor Kurzem gab es Meldungen, die Absatzzahlen für Wärmepumpen würden zurückgehen. Wie erleben Sie den Markt?
Ich würde nicht von einem echten Rückgang sprechen, sondern eher von einer Stabilisierung nach dem Boom der letzten Jahre. Und in den vergangenen Monaten geht der Trend wieder deutlich nach oben. Wir merken, dass die Lieferketten wieder funktionieren und sich Angebot und Nachfrage auf einem gesunden Niveau einpendeln. Gleichzeitig spüre ich hier im Saarland und in Rheinland-Pfalz kaum noch Skepsis. Früher fragten Kundinnen und Kunden: Klappt das überhaupt bei mir? Heute höre ich vor allem: Wir möchten eine Wärmepumpe, können Sie vorbeikommen?
Wo sehen Sie Hürden beim Einbau?
Der Heizungswechsel war früher ziemlich unkompliziert. Gerät bestellen, einbauen – fertig. Heute ist es ein kleiner Marathon: Alte Ölheizung und Tank abmelden, Netzverträglichkeitsprüfung bei den Stadtwerken beantragen, Stromzähleranschluss anpassen, Heizlastberechnung machen, hydraulischen Abgleich durchführen und nachweisen, Förderanträge ausfüllen. Aber dennoch alles machbar. Und dafür gibt es auch gute Förderungen.
Wie schätzen Sie die Abwicklung der Förderung ein?
Die KfW hat das an sich sehr gut organisiert. Wenn man routiniert ist, dauert die Antragstellung vielleicht 15 Minuten. Wir übernehmen das oft für unsere Kundinnen und Kunden und laden alle Dokumente hoch. Das Geld fließt nach Abschluss der Arbeiten meist innerhalb weniger Wochen.
Was sind typische Einbaufehler oder Herausforderungen, die Fachleute unbedingt kennen sollten?
Oft wird nach Schema F eingebaut, ohne die genaue Heizlast zu kennen. Jede Anlage ist individuell. Wer sich an einen ortsansässigen Fachbetrieb wendet, bekommt meistens eine solide Planung. Unser Betrieb etwa installiert Wärmepumpen seit Jahrzehnten. Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Heizungstausch 2001: Damals habe ich schon eine Wärmepumpe ausgetauscht – und die stammte ursprünglich aus den 70er-Jahren! Das zeigt: Wärmepumpen sind keine Modeerscheinung, sondern eine bewährte Technik.
Welche Arten von Wärmepumpen installieren Sie in Ihrem Betrieb? Muss man sich spezialisieren?
Wir decken fast das gesamte Spektrum ab: Luft-Wasser-, Wasser-Wasser-, Erd- und Luft-Luft-Wärmepumpen. In Bestandsgebäuden, die vor 20 bis 30 Jahren schon Erdwärmepumpen hatten, machen wir häufig den 1:1-Austausch. Tiefenbohrungen und Leitungen sind ja noch vorhanden – das senkt die Kosten deutlich. Nach der Förderung kommt man oft auf unter 15.000 Euro.
Wie lange halten Wärmepumpen in der Regel?
Im Schnitt rechnet man mit einer Lebensdauer von etwa 18 Jahren, oft werden es mehr als 20. Viele unserer Anlagen laufen noch oder wurden nur aufgrund neuer Förderungen ersetzt – nicht wegen Defekten. Natürlich kann es vorkommen, dass mal ein Verdichter ausfällt, aber das ist vergleichbar mit dem Brennerwechsel bei Öl- oder Gasheizungen.
Und welche Maßnahmen empfehlen Sie, damit die Anlage möglichst lange effizient bleibt?
Bei der Wartung geht es vor allem um Reinigung von Filtern, das Fetten von Lüftermotoren und die Überprüfung der Ausdehnungsgefäße. Wer das regelmäßig machen lässt, hat lange etwas von seiner Anlage. Wir bieten auch Wartungsverträge an und justieren Einstellungen bei Bedarf nach.
Wie sieht es mit Alternativen zur Wärmepumpe aus? Empfehlen Sie zum Beispiel Pelletheizungen?
Ich persönlich mag Holz als Brennstoff, habe damit früher selbst viel gearbeitet. Trotzdem ist die Wärmepumpe meist die bessere Wahl, vor allem wenn eine PV-Anlage vorhanden ist oder geplant wird. Pelletheizungen sind in der Anschaffung nicht günstiger, brauchen mehr Platz und könnten durch strengere Feinstaubregeln oder Mehrwertsteueränderungen teurer werden. Natürlich gibt es Fälle, in denen Kunden unbedingt Pellets haben wollen oder die Gegebenheiten eine Holzvergaserkessel- oder Kombilösung nahelegen. Aber wenn es rein nach Wirtschaftlichkeit und Zukunftssicherheit geht, gewinnt oft die Wärmepumpe. Was für mich der entscheidende Punkt ist: Um einen gesunden Brennstoffmix am Markt zu realisieren, wird die Biomasse mit ihren nachwachsenden Rohstoffen unbedingt gebraucht.
Wie spüren Sie den Fachkräftemangel in Ihrem Betrieb?
Derzeit überraschend wenig. Bis vor Kurzem waren wir sieben Mitarbeiter, jetzt sind wir 22. Wir bekommen viele Bewerbungen, auch von guten Fachkräften. Zudem bilden wir selbst aus: Aktuell fünf Azubis, für das kommende Jahr haben wir schon drei Bewerbungen. Viele spüren, dass das Handwerk Zukunft hat – gerade wegen der Wärmepumpentechnik.
Welche Weiterbildungen oder Zertifizierungen empfehlen Sie Fachkolleginnen und -kollegen, die sich spezialisieren möchten?
Neben den Schulungen der Hersteller bieten die SHK-Landesinnungen sehr gute Kurse an. Wir bei Bostal-Tec haben außerdem die VDI 4645-Schulung gemacht, die sich speziell an Planer und Errichter von Wärmepumpenanlagen richtet. Das ist eine fundierte und praxisnahe Ausbildung mit Abschlussprüfung. Solche Qualifikationen geben uns und den Kunden Sicherheit – man weiß einfach, dass wichtige Standards eingehalten werden.
Was sollte die neue Bundesregierung tun, um den Einbau von Wärmepumpen weiter anzukurbeln?
Vor allem Ruhe in das Thema bringen. Ständige Änderungen bei Förderrichtlinien oder dem Gebäudeenergiegesetz verunsichern sowohl Verbraucherinnen und Verbraucher als auch Fachbetriebe. Das beste Signal wäre es, die Förderung nicht zu ändern.
Also plädieren Sie für Konstanz in der Förderlandschaft?
Die Förderungen haben sich bewährt. Sie sind hoch – zwischen 30 und 70 Prozent. Die Antragstellung über die KfW läuft unkompliziert. Wer mit dem Fachbetrieb zusammenarbeitet, bekommt die Zusage meist sofort und das Geld innerhalb weniger Wochen nach Abschluss der Arbeiten. Es wäre fatal, wenn man an dieser Stelle wieder alles über den Haufen wirft und neue Unsicherheiten schafft.
Was treibt Sie persönlich an, sich weiter für den Einbau von Wärmepumpen einzusetzen?
Ich liebe meinen Beruf und finde es inspirierend, mit einer Technik zu arbeiten, die helfen kann, fossile Brennstoffe zu ersetzen. Über Jahrzehnte hatte unsere Branche wenig Aufmerksamkeit, jetzt stehen wir mitten im Rampenlicht. Das ist eine Herausforderung, aber auch eine Chance, wirklich nachhaltige Lösungen zu verwirklichen. Und wenn man sieht, wie sehr sich Heizkosten und Emissionen mit einer Wärmepumpe reduzieren lassen, ist das einfach motivierend.
Über Daniel Bernarding
Daniel Bernarding ist Heizungs- und Sanitärmeister mit über 25 Jahren Berufserfahrung. Er führt gemeinsam mit Kevin Fleisch, staatlich geprüfter Techniker HLK, die Geschäfte von Bostal-Tec im Saarland. Das Unternehmen hat sich früh auf den Einbau von Wärmepumpen spezialisiert und zahlreiche Projekte im Bestand realisiert.