Projekt
Weitestgehend kreislauffähig bauen und dabei Klimaschutzziele erreichen. Unter anderem diese Ziele wollte das Planungs- und Beratungsunternehmen Drees & Sommer bei seinem Büroneubau OWP12 realisieren (OWP12 steht für die Adresse: Obere Waldplätze 12). Das Gebäude bietet rund 200 Mitarbeitenden Arbeitsplätze und Arbeitsmöglichkeiten, einen flexiblen Konferenzbereich, verschiedene Besprechungsräume, eine Cafeteria, eine große Kantine sowie eine Tiefgarage und überdachte Fahrradstellplätze. Da das Gebäude nicht nur als Arbeitsstätte, sondern auch als Demonstrationsobjekt geplant wurde, hat das Unternehmen dort neue Technologien der Baubranche erprobt, um diese künftig für seine eigenen Kunden nutzbar zu machen.
Eine neu entwickelte, hochdämmende Fassadenkonstruktion, Photovoltaikanlagen auf dem Dach und in der Süd- und Westfassade, Erdwärme über Geothermie-Bohrungen und eine begrünte Nordfassade tragen dazu bei, dass der 20 Meter hohe und 70 Meter lange Neubau mit einer Bruttogrundfläche (BGF) von rund 7.000 Quadratmetern im Betrieb mehr Energie erzeugt als er verbraucht. Damit erfüllt er den Plusenergiehaus-Standard (Stromerzeugung durch PV: 250 kWp).
Bei der Materialauswahl folgten die Planer weitestgehend dem Cradle-to-Cradle-Prinzip, das Kreislauffähigkeit, Schadstofffreiheit und einfache Demontierbarkeit des Gebäudes garantiert.
Die Architektur entwarfen SCD Architekten Ingenieure GmbH aus Stuttgart.
- 65% Erneuerbare Energien
- Energieeffizienz
- Neubau
- Nichtwohngebäude
- Zirkuläres Bauen
Bautafel:
BRUTTOGRUNDFLÄCHE
7.500 m²
BAUZEIT
Q4/2019 – Q4/2021
BAUKOSTEN
ca. 22 Mio. Euro
ENERGETISCHER ZUSTAND
Plusenergiehaus
VERWENDETES MATERIAL
Teppichboden (Cradle to Cradle Certified™ Silber): DESSO Airmaster Sphere EcoBase®, Tarkett, Paris
Parkett (Greenguard certified, MAS certified Green, FSC): Mafi LPC OAK Country, mafi Naturholzboden GmbH
Trennwände (Cradle to Cradle Certified™ Bronze): Systemtrennwand System 2000 eco, Strähle Raum-Systeme GmbH
VERWENDETE GEBÄUDETECHNIK
TGA-Modul (gemeinsam mit der Firma Würth entwickelt)
Modulare, platzsparende Solarfassade, die höchsten Schallschutz-Anforderungen genügt
Digitale Gebäudesteuerung unter anderem für Zugang, Raumbuchung, Licht- und Temperaturregelung
Herausforderungen
Die Fassaden der OWP12 sollten nicht nur den Energieverbrauch auf ein Minimum reduzieren und selbst Energie erzeugen. Sie mussten auch sehr hohen Schallschutz-Anforderungen genügen, da die OWP12 nahe einem stark genutzten, vierspurigen Autobahnzubringer liegen. Wegen des schmalen Grundstücks war außerdem eine flächeneffiziente Bauweise wichtig.
Auch die Grünfassade an der Nordseite mit einer Fläche von mehr als 100 Quadratmetern bei einer Höhe von zwölf Metern forderte eine gute Planung: Für den vertikalen Garten mussten nicht nur Pflanzen gefunden werden, die auch an einer Nordseite gedeihen, sondern die Fassade musste auch den Brandschutzauflagen beim Hochhausbau genügen.
Ziele & Erfolge
Gemeinsam mit der FKN-Gruppe entwickelte Drees & Sommer eine hochisolierende Elementfassade namens e-coFACE, die an der Süd- und Westseite über Energie produzierende Photovoltaikelemente verfügt. Das Fassadensystem ist nach Brandschutz-Klassifizierung nicht nur für den Einsatz im Hochhausbau geeignet, das in der Fassade verarbeitete Dämmmaterial Calostat ist zudem nach Cradle-to-Cradle zertifiziert: Bei einem Rückbau können also alle Teile sortenrein getrennt und die Materialien je nach Nutzungsdauer wiederverwendet oder recycelt werden.
Trotz der sehr guten Wärmedämm- und Schalldämmwerte ist die Fassade der OWP12 inklusive der Photovoltaikelemente nur 210 Millimeter dick. Zum Vergleich: Konventionelle Fassaden messen üblicherweise mindestens 400 Millimeter.
Für die vertikale Begrünung der Nordfassade hat die Firma Vertiko mit ihrem Bauherrn ein Konzept mit elf verschiedenen Pflanzen und sechs verschiedenen Farben erarbeitet. Dieses sorgt während des gesamten Jahres für eine abwechslungsreiche Fassade. Die Pflanzen (darunter der China-Wald-Geißbart, die Bergenie Oeschberg oder das Purpurglöckchen) wachsen in einem Behältnis mit Substrat, das direkt an die Fassade angebracht wurde. Um den Brandschutzanforderungen zu genügen, setzte der Dienstleister ein Spezialvlies aus einem Basalt-Glas-Gemisch ein, das nicht brennbar ist. Das Wasser im Behältnis kühlt die Fassade zudem derart, dass die Temperaturen im Hinterlüftungsraum weit unter den Werten einer reinen Metallfassade liegen.
Planung
Energie- und ressourcenschonendes Bauen beginnt bereits mit der Planung. Um zusätzlich einen schlanken und effizienten Bauprozess zu gewährleisten haben die Planer auf vorgefertigte modularisierte Bauelemente und die Verknüpfung der digitalen Planungsmethoden Lean Construction Management, LCM digital und Building Information Modeling BIM (Level 2) gesetzt.
Die verschiedenen am Bau beteiligten Akteure haben noch vor Beginn der eigentlichen Arbeit auf der Baustelle ihre jeweiligen Angaben zu den Gewerken in das digitale BIM-Modell eingepflegt. Die dreidimensionale Projektabbildung enthielt damit nicht nur diverse Daten wie etwa zu Material, Kosten oder Brandschutz, sondern es konnten auch Bau-, Montage- oder Terminabläufe virtuell durchgespielt werden. Widersprüche bei Planung oder Bauausführung ließen sich so frühzeitig feststellen und im Vorfeld zu geringen Kosten beheben.
Das modulare, vorgefertigte Bauen sorgte bei Planung, Produktion und Montage zudem für Zeit- und Kostenersparnis.