ETS 2: Paradigmenwechsel in der Gebäude-Energiewende
Stand: September 2025
Im Jahr 2023 einigte sich die EU auf die Einführung eines neuen Emissionshandelssystems, das insbesondere die Emissionen aus dem Gebäude- und dem Straßenverkehrssektor abdecken wird. Der Emissionshandel 2 (Emissions Trading System 2 – ETS 2) soll dazu beitragen, die Emissionen der EU bis 2030 um 55 Prozent zu senken und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Nach dem Verursacherprinzip sollen die Kosten des Klimawandels nicht länger von der Allgemeinheit getragen, sondern den Verursachenden direkt in Rechnung gestellt werden. Um dieses Ziel zu erreichen und Emissionen einen Preis zu geben, führte die EU im Jahr 2005 mit dem Europäischen Emissionshandelssystem (ETS 1) das erste große marktbasierte Instrument dieser Art ein. Es umfasst seither vor allem Großkraftwerke, energieintensive Industrie, seit 2012 auch den innereuropäischen Flugverkehr und seit 2024 Teile der Schifffahrt.
Deutschland ergänzte dieses System ab 2021 über das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) durch eine nationale CO2-Bepreisung für Wärme- und Verkehrssektoren, bei der zunächst Festpreise pro ausgestoßener Tonne CO2 für Benzin, Diesel, Heizöl oder Erdgas festgelegt wurden. Ab 2027 soll die nationale CO2-Bepreisung (Nationales Emissionshandelssystem – nEHS) zum größten Teil durch das europaweite zweite Emissionshandelssystem (ETS 2) für Verkehr und Gebäude ersetzt werden. Nach der Einführung des ETS 2 werden rund 75 Prozent der gesamten THG-Emissionen der EU vom Emissionshandel erfasst sein.
ETS 2 ersetzt nationalen CO₂-Preis: Das ändert sich ab 2027
Mit dem EU-Emissionshandelssystem ETS 2 soll ab Januar 2027 ein Paradigmenwechsel in Kraft treten: Einheitliche CO2-Preise in ganz Europa sollen dafür sorgen, dass auch die Sektoren Verkehr und Gebäude stärker zur Emissionsminderung beitragen.
Brennstofflieferanten müssen für jede emittierte Tonne CO2-Zertifikate kaufen, deren Preis sich marktbasiert durch Angebot und Nachfrage bildet. Endverbrauchende (Haushalte, Unternehmen) kaufen keine Zertifikate direkt, sind aber durch die CO2-Preise und daraus resultierenden höhere Brennstoffpreise betroffen (CO2-Bepreisung).
Genauso wie beim ETS 1 handelt es sich beim ETS 2 um ein sogenanntes „Cap and Trade“-System. Hier wird nicht der CO2-Preis selbst politisch vorgegeben, sondern die Menge an jährlich zur Verfügung stehenden Emissionszertifikaten (engl. Cap). Unternehmen, die unter den Anwendungsbereich des ETS 2 fallen, müssen für jede Tonne ausgestoßenes CO2 ein Emissionszertifikat erwerben. Der CO2-Preis bildet sich durch das Angebot und die Nachfrage nach Emissionszertifikaten am Markt. Die Höhe der Cap nimmt jährlich ab. Wie stark sie sinkt, wird durch einen linearen Reduktionsfaktor (LRF) bestimmt. Cap und LRF werden in der EU aus den europäischen Klimazielen abgeleitet und stellen dadurch – bei konsequentem Festhalthalten am Instrument – einen Minderungspfad zur Erreichung der Klimaziele sicher. Das sinkende Angebot an Zertifikaten sorgt perspektivisch für steigende CO2-Preise. Dadurch entsteht ein finanzieller Anreiz zur Emissionsminderung.
Im Gegensatz zum ETS 1 gibt es beim ETS 2 keine kostenlosen Zertifikate mehr. Bei zu hohen CO2-Preisen werden jedoch Zertifikate aus der Marktstabilitätsreserve freigegeben, um Haushalte nicht zu überlasten. Die Erlöse aus dem Verkauf der Zertifikate fließen zu einem Großteil an die Mitgliedsstaaten zurück, die wiederum mindestens 50 Prozent für Klimaschutz- und Energiewendezwecke verwenden müssen (Art. 10 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87/EG9).
In Deutschland fließen die Einnahmen des ETS 1 und nEHS zu 100 Prozent in den Klima- und Transformationsfond (KTF), der im Jahr 2024 ca. 19 Milliarden Euro Einnahmen zu verzeichnen hatte – davon 5,5 Milliarden Euro aus dem ETS 1 und zusätzliche 13 Milliarden Euro aus dem nEHS, gemäß BEHG (Quelle: DEHSt).
Sozialer Ausgleich über den EU-Klimasozialfonds
Einkommensarme Haushalte geben schon heute einen überproportional hohen Teil ihres Einkommens für Wohnen und Heizen aus (32 Prozent bei Mietenden und 18 Prozent bei Eigentümerinnen und Eigentümer). Durch die steigenden ETS-2-Preise werden sie nochmals stärker belastet als einkommensreichere Haushalte, die lediglich zwischen 13 und 14 Prozent ihres Einkommens für Wohnen und Heizen ausgeben. Dazu kommt, dass bei Haushalten mit niedrigen Einkommen die finanziellen Mittel fehlen, um auf klimaneutrale Technologien wie E-Mobilität und Wärmepumpe umzusteigen.
Zukünftig steigende CO2-Preise durch die Einführung des ETS 2 will die deutsche Regierungskoalition für vulnerable Gruppen bzw. „besonders belastete Haushalte“ mit Mitteln aus dem Europäischen Klimasozialfonds (KSF) mildern. Die Einrichtung des Klimasozialfonds wurde gemeinsam mit der Einführung des ETS 2 beschlossen, um die Belastung durch die CO2-Bepreisung aus dem ETS 2 sozial abzufedern. In diesen fließt ein Anteil der Erlöse aus den Auktionen der CO2-Zertifikate des ETS 2 (150 Millionen Zertifikate) und die Erlöse von 50 Millionen Zertifikaten aus dem ETS 1. Er wurde als Solidaritätsmechanismus aufgesetzt und erfolgt ab 2026 bis 2032 nach einem festgelegten solidarischen Verteilschlüssel, welcher soziale und wirtschaftliche Faktoren berücksichtigt. Deshalb soll Deutschland als Land mit hoher Wirtschaftskraft und geringerem Anpassungsdruck anteilig weniger Mittel als Länder mit unterdurchschnittlicher Wirtschaftskraft und hohen Anpassungsbedarfen, wie beispielsweise Polen, erhalten. Zwischen 2026 und 2032 stehen max. 65 Milliarden Euro zur Verfügung, davon soll Deutschland 5,31 Milliarden Euro (8 Prozent) erhalten. Zudem sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, mindestens 25 Prozent Eigenanteil in Form eines nationalen Beitrags zu ihren nationalen Klimasozialplänen (KSP) zu leisten. Der Fonds ist auf 65 Mrd. Euro gedeckelt, das heißt, bei besonders hohen Zertifikatspreisen gibt es trotzdem nicht mehr Mittel, um soziale Härten abzufedern.
Haushalte in Deutschland unterschiedlich stark betroffen
Nicht alle Haushalte sind von gestiegenen Heizkosten gleich stark belastet. Laut des dena-Berichts „Soziale Aspekte der Gebäude-Energiewende“ aus dem Jahr 2024 gelten etwa 3 Millionen Haushalte als vulnerabel hinsichtlich ihre Ausgaben für Wärmeenergie. Dies entspricht 10 Prozent aller 30 Millionen Haushalte, die fossile Brennstoffe zum Heizen verwenden. Haushalte mit niedrigem Einkommen – so der Bericht – verwenden einen signifikant höheren Anteil ihres Einkommens für Wohnkosten und Wärmeenergie als Haushalte mit höherem Einkommen. Weitere Unterschiede zeigen sich je nach Wohn- und Eigentumsverhältnissen: Mieterinnen und Mieter mit niedrigem Einkommen geben im Durchschnitt etwa 32 Prozent ihres Einkommens für Heizkosten und Kaltmiete aus – im Vergleich zu etwa 14 Prozent bei Mietenden mit hohem Einkommen. Bei Eigentümerinnen und Eigentümern kommen zudem Kosten für Kredite und Instandhaltung hinzu. Hier liegt der Wohnkostenanteil für Haushalte mit geringem Einkommen bei 18 Prozent, während er bei Haushalten mit hohem Einkommen nur 13 Prozent beträgt.
Zudem sind Haushalte in unsanierten Gebäuden durch höhere Heizemissionen belastet, da ältere Baujahre mit einem höheren Energieverbrauch korrelieren. Für einkommensschwache Haushalte, die nicht über die finanziellen Mittel für energetische Sanierungen oder einen Energieträgerwechsel verfügen, kann dies zu einer überproportionalen Belastung führen – auch wenn ihre absoluten Heizemissionen geringer ausfallen.
Was hilft und wie: aktuelle Unterstützungsinstrumente für die Energiewende im Gebäude
Effizienzmaßnahmen und Investitionen in Heizungen auf Basis von erneuerbaren Energien, die die Problematik hoher Betriebskosten langfristig lösen können, sind im Vergleich zu fossil betriebenen Heizungen oder dem gänzlichen Verzicht auf Maßnahmen anfänglich teurer. Für viele Haushalte braucht es deshalb für diese einmalige Mehrbelastung Unterstützung. Dabei gilt es, die anfänglich aufzubringende Summe zu reduzieren und die verbleibende Investition gegebenenfalls durch Finanzierungsangebote zu strecken. Beides greift dabei ineinander: Eine niedrigere Kreditsumme, zum Beispiel aufgrund von Zuschüssen, senkt das Risiko für Finanzinstitute und kann so mit günstigeren Zinssätzen bereitgestellt werden.
Der Staat fördert insbesondere mit der „Bundesförderung effiziente Gebäude“ (BEG) und den Kreditprogrammen der KfW auch Sanierungsmaßnahmen, die zu Energiekosteneinsparungen und letztlich zu gewünschten Emissionsreduktionen führen sollen. Die vorhandenen Zuschüsse und Kreditvergünstigungen berücksichtigten jedoch nicht die Einkommen der Haushalte. Ein neuer Einkommensbonus, der Anfang des Jahres 2024 für den Heizungstausch eingeführt wurde, fördert nun erstmals Haushalte mit geringen und mittleren Einkommen zusätzlich. Dieser Bonus steht Haushalten mit einem zu versteuernden Einkommen von weniger als 40.000 Euro pro Jahr zur Verfügung. Er bietet damit einen zusätzlichen Anreiz für ca. 42 Prozent der selbstnutzenden Eigentümerinnen, ihre Heizung gegen eine neue auf Basis erneuerbarer Energien auszutauschen.