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Keimzellen für eine Quartiersversorgung: Öffentliche Liegenschaft als zentraler Ausgangspunkt

Stand: Dezember 2025
Foto, mehrere Wohngebäude in einer Stadt, im Vordergrund ein gelbes Schulgebäude mit Solarpaneelen auf dem Dach, umgeben von Bäumen.

Im Rahmen eines Modellvorhabens der Deutschen Energie-Agentur (dena) mit einer mittelgroßen Kommune werden netzgebundene Wärmeversorgungskonzepte auf Quartiersebene entwickelt, um aufzuzeigen, wie Energieverbrauch, Energiekosten und CO2-Emissionen gesenkt werden können. 

Ziel ist die Erstellung eines Konzepts nach dem Keimzellen-Ansatz, das im Rahmen eines Energiespar-Contracting-Verfahrens ausgeschrieben und vergeben werden kann. Bei diesem Ansatz übernimmt eine öffentliche Liegenschaft die Funktion einer sogenannten Keimzelle innerhalb des umliegenden Wohnquartiers als zentraler Punkt eines quartiersbezogenen Nahwärmenetzes.

Gebäude als Keimzelle und Ankergebäude

Die Keimzelle beherbergt einen oder mehrere Wärmeerzeuger und gegebenenfalls Wärmespeicher, die das Gebäude selbst wie auch das Umfeld versorgen. Sie bildet den produktionsseitigen Dreh- und Angelpunkt eines Nahwärmenetzes, da sie Wärmeerzeuger und oft auch Wärmespeicher beherbergt, um das eigene Gebäude sowie das umliegende Quartier mit Wärme zu versorgen. Im Gegensatz dazu ist ein Ankergebäude ein maßgeblicher Verbraucher, der durch seinen hohen, konstanten Wärmebedarf die Grundlast des Netzes sichert und dessen wirtschaftliche Stabilität fördert. Während ein Gebäude in manchen Fällen beide Rollen vereinen kann, heben die Begriffe „Keimzelle“ und „Ankergebäude“ unterschiedliche Funktionen – Produktion beziehungsweise Verbrauch – innerhalb des Nahwärmesystems hervor.

Vorgehensweise

Im Vorfeld wird eine Analyse der Kommune vorgenommen, um zu prüfen, ob die ausgewählte städtische Liegenschaft als Keimzelle für ein Gebäude- oder Wärmenetz geeignet ist. Die Ergebnisse der Untersuchung werden in eine Ausschreibung für ein Energiespar-Contracting eingearbeitet – entweder als Potenzialmaßnahme oder als verbindliche Vorgabe, um den Contractoren die Möglichkeit zu geben, innovative und komplexe Lösungen anzubieten.

Die Arbeitsschritte der Analyse umfassen:

  • Erfassen der thermischen Eigenschaften der Gebäudehülle der einzelnen Gebäude
  • Schätzung des Heizwärme- und Warmwasserbedarfs
  • Ermittlung des Potenzials für die Nutzung von Solarenergie (Solarthermie und Solarstrom)
  • Schätzung der vorhandenen Anlagentechnik, des Energiebedarfs der einzelnen Gebäude und des Sanierungspotenzials
  • Erfassen der möglichen Abwärmequellen

Bewertung des Ist-Zustands

Bei dem Modellvorhaben wird zur Bewertung des Ist-Zustands vorausgesetzt, dass vor Inbetriebnahme der neuen Wärmeversorgung eine Dachsanierung sowie ein Fensteraustausch gemäß den Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) durchgeführt werden. Diese Annahme berücksichtigt die hohe Wahrscheinlichkeit, dass solche Maßnahmen im Rahmen regulärer Instandhaltungsarbeiten in den kommenden Jahren umgesetzt werden, wodurch der energetische Zustand der Gebäude zum Zeitpunkt der Umstellung verbessert wird.

Datenlage

Für das Gebäude der Keimzelle liegen Zeichnungen (Grundrisse, Schnitte, Ansichten) sowie Verbrauchsdaten für die Wärmeversorgung vor. Für die weiteren Gebäude im Quartier wurden Basisdaten erhoben und folgende Parameter abgeschätzt: Grundflächen, Baualtersklassen, Geschossflächen und -höhen, potenziell beheizte Dachgeschosse oder Spitzböden sowie der mögliche Sanierungsstand von Dächern, Außenwänden und Fenstern. Ergänzend wurden Angaben zur Wärmeerzeugung und zu Energieträgern aus dem Wärmekataster NRW berücksichtigt.

Wärmeversorgungsvarianten

Aus der Analyse der Bauteile und der Anlagentechnik verbunden mit einer Potenzialanalyse wurden drei Wärmeversorgungsvarianten für ein kleines Gebäudewärmenetz mit der städtischen Liegenschaft als Keimzelle entwickelt. Die Varianten wurden hinsichtlich energetischer und wirtschaftlicher Kriterien gemäß den Anforderungen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) bewertet:

Variante 1: Dezentrale Lösung

Variante 1: Dezentrale Lösung (symbolisch)

Jedes Gebäude nutzt bestehende Leitungen und ersetzt die vorhandene Heizungsanlage durch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe (1:1-Austausch). Zusätzlich werden Solarthermie- und Photovoltaikanlagen integriert.

Diese Variante führt gemäß Analyse zu einer modellierten Energieeinsparung von rund 65 Prozent gegenüber dem Ausgangszustand.

Variante 2: Zentrale Wärmeversorgung

Variante 2: Zentrale Wärmeversorgung, klassisches Wärmenetz (symbolisch)

Im hinteren Bereich der Liegenschaft (Keimzelle) wird eine zentrale Wärmeversorgungsanlage für das gesamte Quartier errichtet, bestehend aus einer CO₂-Luft-Wasser-Wärmepumpe mit Wärmepumpenverdampfer, einem zentralen Pufferspeicher und Wärmeübergabestationen. Die Wärme wird über Rohrleitungen zu den Gebäuden verteilt.

Diese Variante führt gemäß Analyse zu einer modellierten Energieeinsparung von rund 56 Prozent gegenüber dem Ausgangszustand.

Variante 3: Kaltes Nahwärmenetz

Variante 3: Kaltes Nahwärmenetz (symbolisch)

Diese Variante nutzt eine zentrale Wärmeversorgung mit Rohrleitungen zu den Gebäuden. Die Wärmeerzeugung erfolgt über PVT-Kollektoren auf dem Dach der Keimzelle, die Wärme und Strom liefern sowie über Erdwärmesonden mit einer Tiefe von bis zu 300 Metern. Dezentrale Sole-Wasser-Wärmepumpen bringen die Wärme auf die erforderliche Vorlauftemperatur. Solarthermie unterstützt die zentrale Warmwasserversorgung.

Diese Variante führt gemäß Analyse zu einer modellierten Energieeinsparung von rund 65 Prozent gegenüber dem Ausgangszustand.

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