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Abwärmenutzung im Quartier: Wärme von nebenan erschließen und verwerten

Stand: Dezember 2025
Foto, mehrere große industrielle Kühltürme mit weißen Kuppeln und orangen Rohren unter blauem Himmel.

Die Wärmewende ist ein zentraler Bestandteil der Energiewende. Gerade in Städten fallen täglich große Mengen ungenutzter Wärme an, zum Beispiel in Rechenzentren, Gewerbebetrieben oder im Abwasser. Wenn diese Energie durch Wärmenetze erschlossen und nutzbar gemacht wird, können Emissionen, Importabhängigkeiten und Energiekosten gesenkt werden.

Wärmenetze werden dabei als Infrastruktur und System genutzt. Sie verknüpfen mehrere, auch niedrigtemperierte Quellen, sichern Versorgung und ermöglichen die Dekarbonisierung des Gebäudebestands. Viel Abwärme wird heute noch ungenutzt an die Umgebung abgegeben. Wird sie in Wärmenetzen eingespeist, lässt sich dieses Potenzial heben. Abwärme kann unter Umständen konventionelle Wärmeerzeugung ersetzen oder ergänzen, den CO2-armen Ausbau von Wärmenetzen beschleunigen und neue Anschlüsse ermöglichen.

Gerade Wärmenetze eignen sich dafür besonders, weil sie – anders als Einzel- beziehungsweise Objektlösungen – mehrere unterschiedliche Wärmequellen parallel integrieren können. So werden Effizienz, Versorgungssicherheit und Skalierbarkeit erhöht.

Definition von Abwärme und unvermeidbarer Abwärme nach GEG

Abwärme ist Wärme, die als Nebenprodukt eines Prozesses entsteht und ohne Nutzung an Luft oder Wasser abgegeben würde. Laut § 3 Abs. 1, 30a Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist „unvermeidbare Abwärme der Anteil der Wärme, der als Nebenprodukt in einer Industrie- oder Gewerbeanlage oder im tertiären Sektor aufgrund thermodynamischer Gesetzmäßigkeiten anfällt, nicht durch Anwendung des Standes der Technik vermieden werden kann, in einem Produktionsprozess nicht nutzbar ist und ohne den Zugang zu einem Wärmenetz ungenutzt in Luft oder Wasser abgeleitet werden würde“. Somit zählt unvermeidbare Abwärme bei netzgebundener Nutzung nach aktueller Gesetzgebung als erneuerbare Energie.

Beispiele: 

  • Dienstleistung/Gewerbe (Rechenzentren, Wäschereien, Kühlhäuser, (Ab-) Wasserwirtschaft, Schwimmbäder, Einkaufzentren, Entlüftung)
  • Energieumwandlung (zum Beispiel KWK-Abwärme, Wasserstoffelektrolyse)
  • Abfallentsorgung (zum Beispiel thermische Abfallbehandlung)
  • (Industrielle) Produktion (zum Beispiel Herstellung Papier/Pappe, Metallerzeugung/-verarbeitung, Glas/Keramik Herstellung)
Grafik, Abbildung mehrerer unterschiedlicher Diagrammtypen als Vorschaubild

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Potenziale und Herausforderungen in der Nutzung von Abwärme

Potenziale

  • Erschließung ungenutzter, kostengünstiger Wärme
  • Win-win-Situation: potenzieller geringer Wärmepreis für Abnehmende und gleichzeitig Entgelt für Abwärmeliefernde
  • Einsparung von CO2
  • Im Vergleich zu anderen Wärmeerzeugungsoptionen, ist die Nutzung von Abwärme potenziell flächen- und ressourcensparender
  • Nutzung von Abwärme reduziert die Wärmeabgabe an die Umgebung (Temperatur)

Herausforderungen

  • Zeitliche Verfügbarkeit: Dienstleistungsabwärme oft sommerlastig; Produktionsabwärme zu Betriebszeiten (häufig werktags)
  • Geographische Nähe: Abwärmequelle und -senke müssen nah zueinander liegen
  • Geringe Standardisierung: Viele projektspezifische Lösungen (Technik, Verträge, Genehmigungen)
  • Versorgungssicherheit durch Ausfallrisiken der Quelle (Wartung, Stillstand, Geschäftsaufgabe)

Lock-in-Effekt

Oft wird angenommen, dass die Nutzung von Abwärme CO2-intensive Prozesse langfristig etablieren könnte. In der Praxis bleibt jedoch der Anreiz zur Effizienzsteigerung meist höher als mögliche Gewinne aus dem Wärmeverkauf. Als Lösung sollten Machbarkeitsstudien Prozessänderungen sowie eine künftige interne Nutzung der Abwärme berücksichtigen.

Abwärme auf Quartiersebene: effiziente und wirtschaftliche Nutzung

Einzelne Gebäude können oft nur eingeschränkt von Abwärme profitieren. Quartierslösungen mit vernetzten Gebäuden hingegen bieten die Möglichkeit, Abwärmequellen wirtschaftlich zu erschließen, die auf Gebäudeebene nicht nutzbar wären. Durch die Bündelung von Wärmebedarfen entstehen Skaleneffekte bei Planung, Bau und Betrieb und die Netzinfrastruktur kann flexibel erweitert und an die Entwicklung des Quartiers angepasst werden. 

Darüber hinaus ermöglicht die räumliche Nähe innerhalb eines Quartiers den Aufbau von Wärmenetzen mit kurzen Leitungslängen. Dies reduziert Wärmeverluste und steigert die Effizienz des Systems. Ein Nutzungsmix aus Wohnen, Gewerbe und öffentlichen Einrichtungen führt zu unterschiedlichen zeitlichen Wärmebedarfen, die sich im Tagesverlauf ergänzen. Dadurch kann die vorhandene Abwärme gleichmäßiger verteilt und das Netz besser ausgelastet werden. Für das Quartier bedeutet das eine stabilere Versorgung, eine effizientere Nutzung der Wärmequelle und eine insgesamt höhere Wirtschaftlichkeit des Systems.

Wärmenetzinfrastruktur zur Erschließung von Abwärmequellen

Abwärme kann nur effizient genutzt werden, wenn sie über Wärmenetze erschlossen und verteilt wird. Diese Netze verbinden Abwärmequellen mit den Gebäuden und erschließen dadurch bisher ungenutzte Energie für eine nachhaltige und klimafreundliche Wärmeversorgung. Das Wärmenetz kann dabei in unterschiedlichem Maßstab realisiert werden – vom Gebäudenetz bis zum Fernwärmenetz.

Download-Tipp

Checklisten

Checkliste Gebäude- und kleine Wärmenetze

Diese Checkliste hilft bei der grundsätzlichen Planung von Gebäude- oder kleinen Wärmenetzen in der Phase der Vorprüfung.

Stand: November 2023

PDF 675 KB barrierefrei

Video-Tipp

Screenshot aus dem Video "Praxiswissen Klimaschutz in der Industrie: Industrielle Abwärme erfolgreich nutzen" als Vorschaubild

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Praxiswissen Klimaschutz in der Industrie: Industrielle Abwärme erfolgreich nutzen

Abwärmequellen im Quartier

Typische Temperaturbereiche von Abwärmequellen im Dienstleistungssektor, differenziert nach Medium.

In Quartieren fallen vielfältige Abwärmeströme im Dienstleistungs- und Gewerbebereich an. Typische Beispiele sind Rechenzentren, Wäschereien, Schwimmbäder, Krankenhäuser oder die Abwasserinfrastruktur. Diese Quellen entstehen direkt im städtischen Umfeld und können bei passender Netzanbindung gezielt für die Wärmeversorgung genutzt werden. Die dabei entstehenden Temperaturniveaus unterscheiden sich erheblich, sie reichen von niedrigen Werten bei Kühlprozessen oder Abwasser bis zu hohen Temperaturen in Kläranlagen. Die Bandbreite macht deutlich, wie viele verschiedene Abwärmequellen im Quartier vorhanden sein können und welches Potenzial sich daraus ergibt. Mit den Netzinfrastrukturen können diese Quellen erschlossen und für eine klimafreundliche Wärmeversorgung genutzt werden.

Skalierbarkeit von Abwärmenutzung im Quartier

Die Nutzung von Abwärme im Quartier folgt keinem einheitlichen Schema, sondern hängt stark von den jeweiligen Abwärmequellen und den spezifischen Rahmenbedingungen vor Ort ab. Während in vielen Fällen individuelle Lösungen erforderlich sind, zeichnen sich einige Modelle der Nutzung von Abwärme dadurch aus, dass sie in besonderem Maße übertragbar und skalierbar sind. So können bestimmte Infrastrukturen oder Prozesse, etwa Rechenzentren oder die Nutzung von Abwasser, unter vergleichbaren Bedingungen übertragen werden. Projekte mit einer hohen Übertragbarkeit spielen eine wichtige Rolle für die Entwicklung standardisierter Ansätze in der Abwärmenutzung auf Quartiersebene.

Rechenzentren

Nutzung von Abwärme aus einem Rechenzentrum als Wärmequelle für eine zentrale Wärmepumpe

Ein Beispiel für die systematische Nutzung von Abwärme sind Rechenzentren. Sie stellen langfristig angelegte Infrastrukturen dar, die durch ihren hohen und kontinuierlichen Stromverbrauch für die Kühlung große Mengen an Wärme freisetzen. Diese Wärme kann mit Hilfe von Wärmepumpen auf ein nutzbares Temperaturniveau und in ein Wärmenetz eingespeist werden.

Angesichts der wachsenden Zahl und Größe von Rechenzentren gewinnt diese Quelle zunehmend an Bedeutung für die kommunale Wärmeversorgung, vorausgesetzt die Rechenzentren werden in Quartiersnähe realisiert.

Abwasser

Nutzung von Abwasser aus der Kanalisation als Wärmequelle für eine zentrale Wärmepumpe

Im Gegensatz zur Abwärmeerzeugung in Rechenzentren ist das Abwasser eine Alltagsressource, die in jedem Quartier anfällt. Über Haushalte, Gewerbe und Industrie wird fortlaufend Warmwasser in die Kanalisation eingeleitet, wodurch das Abwasser selbst in den Wintermonaten eine vergleichsweise hohe Temperatur von rund 10 bis 12 Grad Celsius aufweist. Mit Wärmepumpen lässt sich diese Wärme effizient zurückgewinnen.

Aufgrund der kontinuierlichen Verfügbarkeit über das gesamte Jahr hinweg gilt Abwasser als besonders vielversprechendes Modell für standardisierte Lösungen im Quartier.

Rechtlicher Rahmen: Überblick

  • 65 Prozent erneuerbare Energien im Neubau (§ 71 GEG): Neue Heizungen im Neubau müssen seit 2024 zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Unvermeidbare Abwärme zählt als erneuerbar, wenn sie netzgebunden genutzt wird.
  • Energieeffizienzgesetz (§ 16 EnEfG): Unternehmen mit hohem Gesamtendenergieverbrauch müssen vermeidbare Abwärme reduzieren und nutzbare Abwärme verfügbar machen.
  • Plattform für Abwärme (PfA): jährliche Meldung technischer Kerndaten (Menge, Leistung, Verfügbarkeit, Temperaturprofil etc.); Veröffentlichung der Daten unterstützt Wärmeplanung und Matchmaking. Meldepflicht entfällt u.a. unterhalb bestimmter Mindestenergiemengen/Temperaturen bzw. Betriebsstunden.

Förderungen

Die Erschließung von Abwärme erfordert neben technischen Lösungen und Konzepten auch die passende Finanzierung des Netzausbaus oder -umbaus und der Wärmequellenerschließung. Förderprogramme können dazu beitragen, Investitionskosten abzufedern und die Umsetzung wirtschaftlich tragfähig zu machen. Auf Bundesebene bestehen hierfür verschiedene Angebote, unter anderem die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW).

Das BEW ist so aufgebaut, dass es verschiedene Umsetzungsphasen abdeckt. Dafür stehen vier unterschiedliche Fördermöglichkeiten zur Verfügung:

Downloads und Tools

  • Studien & Berichte

    Vernetzte Wärmeversorgung in Bestandsquartieren

    Im Fokus der Studie steht die Entwicklung von Wärmenetzen in Bestandsquartieren, für die verschiedene Handlungsstrategien dargestellt werden. Die bestehenden Handlungsmöglichkeiten für Kommunen werden anhand von Beispielen analysiert und systematisiert.

    Stand: August 2023

    PDF 3 MB

  • Checklisten

    Checkliste Gebäude- und kleine Wärmenetze

    Diese Checkliste hilft bei der grundsätzlichen Planung von Gebäude- oder kleinen Wärmenetzen in der Phase der Vorprüfung.

    Stand: November 2023

    PDF 675 KB barrierefrei

  • EnEff:Wärme: ENA – Energieleitplanung zur abwärmebasierten Wärmeversorgung

    Im ENA-Vorhaben wurden in Zusammenarbeit mit lokalen Praxispartnern aus Industrie, Energieversorgungsunternehmen / Netzbetreibern und Kommunen an zwei Industriestandorten die Potenziale zur Nutzung von Abwärme in Wärmenetzen untersucht. ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung gGmbH

  • Toolbox

    Abwärmerechner

    Tool zur Ermittlung verfügbarer Abwärme

Best-Practice-Beispiele

Foto, Nachtaufnahme des Werksviertel Mitte in München mit beleuchtetem Riesenrad links und Gebäuden rechts
Foto, Großes graues Gebäude mit zwei grünen horizontalen Streifen, umgeben von Wald und gepflastertem Hof

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