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Energiepotenziale im Quartier: Abwärme effizient nutzen

Stand: Dezember 2025
Foto, mehrere große industrielle Kühltürme mit weißen Kuppeln und orangen Rohren unter blauem Himmel.

Ob in Rechenzentren, bei Gewerbeprozessen oder in Abwasser: In unseren Städten entsteht täglich viel Wärme und entweicht zum Teil ungenutzt in die Umwelt. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an eine klimafreundliche Wärmeversorgung.

Gerade auf Quartiersebene eröffnen sich hier neue Perspektiven. Wenn Abwärme systematisch erschlossen und über Wärmenetze verteilt wird, kann sie zur tragenden Säule der Wärmewende werden – direkt vor Ort, effizient und wirtschaftlich.

 

Wo Abwärme entsteht – und wie sie nutzbar wird

Quartiere verfügen über zahlreiche Wärmequellen in ihrem direkten Umfeld. Rechenzentren etwa geben kontinuierlich Wärme an ihre Umgebung ab – ebenso wie Wäschereien, Kühlhäuser oder Schwimmbäder. Auch das Abwasser aus Haushalten und Betrieben hat selbst im Winter Temperaturen von 10 bis 12 Grad Celsius, die mit Wärmepumpen auf ein nutzbares Temperaturniveau gebracht werden können. Diese sogenannte unvermeidbare Abwärme entsteht als Nebenprodukt von Prozessen und lässt sich auch durch technische Maßnahmen nicht weiter reduzieren. Sie gilt laut § 3 des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) – bei netzgebundener Nutzung – daher als erneuerbare Energie.

Wärmenetze: Schlüssel zur klimafreundlichen Versorgung

Damit Abwärme im Quartier effizient genutzt werden kann, braucht es die passende Infrastruktur. Wärmenetze verbinden Wärmequellen mit verschiedenen Abnehmern und ermöglichen eine zentrale Versorgung. Drei Typen sind besonders relevant:

  • Gebäudenetze versorgen bis zu 16 Gebäude mit bis zu 100 Wohneinheiten. Sie eignen sich beispielsweise für Wohnensembles, Campusstrukturen oder Gewerbeareale.
  • Nahwärmenetze erstrecken sich über größere Distanzen, etwa Wohngebiete oder gemischt genutzte Quartiere, und versorgen mehrere Grundstücke oder Gebäudegruppen. Sie unterscheiden sich von Fernwärme durch kürzere Distanzen, lokale Wärmequellen und geringere Temperaturniveaus.
  • Kalte Nahwärmenetze arbeiten mit sehr niedrigen Temperaturen (im Bereich 10 bis 25 Grad Celsius). In jedem Gebäude hebt eine eigene Wärmepumpe die Temperatur auf das benötigte Niveau. Vorteil: Auch niedrigtemperierte Abwärme – etwa aus Serverräumen oder Abwasserkanälen – kann integriert werden.

Diese Systeme sind modular erweiterbar, reduzieren Verluste durch geringe Leitungslängen und ermöglichen die Einbindung mehrerer, auch saisonal unterschiedlich verfügbarer Quellen.

Warum Quartiere besonders profitieren

Während einzelne Gebäude oft nur eingeschränkt Abwärme nutzen können, eröffnet der Quartiersansatz zahlreiche Vorteile: Bei unterschiedlichen Nutzungen – beispielsweise in Wohnhäusern, Bürogebäuden oder Schulen – ergänzen sich die verschiedenen Bedarfe über den Tagesverlauf. Das verbessert die Netzauslastung und steigert die Wirtschaftlichkeit. Zudem lassen sich Skaleneffekte bei Planung, Bau und Betrieb nutzen. Die räumliche Nähe reduziert den technischen Aufwand, die Versorgungssicherheit steigt – insbesondere dann, wenn mehrere Quellen eingebunden sind. Auch bestehende Wärmenetze können durch Abwärmeeinspeisung ergänzt werden.

Beispiel Schallstadt: Wärme aus Abwasser

Wie groß das Potenzial von Abwasser als Wärmequelle ist, zeigt ein Praxisbeispiel aus dem baden-württembergischen Schallstadt . Dort versorgt seit 2021 ein 2,2 Kilometer langes kaltes Nahwärmenetz ein Neubaugebiet mit 83 Wohneinheiten, vier Gewerbeeinheiten und das Rathaus – allein durch die Wärme aus dem Abwasserkanal. Über Wärmetauscher in einer Energiezentrale wird die Abwasserwärme ins Netz übertragen, dezentrale Wärmepumpen in den Gebäuden bereiten sie auf Heiztemperatur auf. Ein 500 m3 großer Pufferspeicher erhöht die Flexibilität, das System arbeitet komplett ohne fossile Energien. Die CO2-Einsparung beträgt rund 325 Tonnen jährlich – ein Vorzeigemodell für die Nutzung lokal verfügbarer Energie im Quartier.

Foto, Blick von unten auf Balkone eines modernen Gebäudes mit Metallgeländern und Sonnenschutz, Sonne im Hintergrund.

Wärme aus Abwasser in Schallstadt

In Schallstadt entstand ein zukunftsweisendes Wärmenetz. Ein ganzes Neubaugebiet wird über Anergie aus Abwasser versorgt: effizient, emissionsfrei, auch zum Kühlen nutzbar.

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Förderung und Planungssicherheit

Mit der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) unterstützt der Bund Unternehmen, Kommunen und Genossenschaften in allen Phasen – von der Machbarkeitsstudie bis zur Umsetzung einzelner Komponenten. Gefördert werden unter anderem:

  • Transformationspläne und Studien,
  • Netzneubau oder -umbau,
  • Einzelmaßnahmen wie Wärmepumpen oder Übergabestationen,
  • Betriebskosten bei Netzeinspeisung erneuerbarer Wärme.
     

Weiterführende Informationen

Mehr Informationen finden sich auf der Themenseite „Abwärmenutzung im Quartier: Wärme von nebenan":

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Themenschwerpunkt: Gemeinschaftliche Versorgungslösungen

Gemeinschaftliche Versorgungskonzepte nutzen Synergien im Quartier, erschließen lokale Energiequellen und ermöglichen effiziente und erneuerbare Wärmeversorgung über einzelne Gebäude hinaus. Der Themenschwerpunkt gibt Orientierung für Planung und Praxis.

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