Lebenszyklusanalyse: Sanieren statt bauen
Stand: Mai 2025
Auf den ersten Blick bietet der Neubau gegenüber der Sanierung klare Vorteile: Moderne Gebäudetechnik und gute Dämmung sorgen im Betrieb für eine hohe Energieeffizienz und entsprechend niedrige CO2-Emissionen. Betrachtet man jedoch die gesamte Lebensdauer eines Gebäudes, zeigt sich ein anderes Bild: Die Sanierung schneidet deutlich besser ab. Eine Lebenszyklusanalyse macht diesen Unterschied sichtbar.
Eine neue Kurzstudie der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) hat bei 19 DGNB-zertifizierten Sanierungsprojekten die CO2-Emissionen über den gesamten Gebäudelebenszyklus untersucht. Das Ergebnis: Die Sanierung schlägt den Neubau in Sachen CO2-Einsparung. Grund dafür ist vor allem die in bestehenden Gebäuden gespeicherte graue Energie – die Energie also, die während Herstellung, Bau und Transport aufgewendet wurde. Sie ist mit hohen CO2-Emissionen verbunden. Bei einer Sanierung fallen unter dem Strich rund zwei Drittel weniger Emissionen als bei einem vergleichbaren Neubau an. Selbst eine sehr hohe Betriebseffizienz beim Neubau kann diesen Vorsprung langfristig nicht ausgleichen.
Lebenszyklusanalyse: Gebäude ganzheitlich bewerten
Ein Weg, die CO2-Emissionen eines Gebäudes über den gesamten Lebenszyklus zu berechnen, ist die Lebenszyklusanalyse – auch Ökobilanz genannt. Sie bewertet die gesamten Umweltauswirkungen eines Gebäudes von der Rohstoffgewinnung über den Bau, die Nutzung und den Rückbau bis hin zur Entsorgung. Grundlage ist die Norm DIN EN 15978, die methodische Anforderungen und Bewertungsmaßstäbe definiert.
Die Berechnung erfolgt auf Basis der Plattform ÖKOBAUDAT, einer Datenbank des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Sie enthält sowohl Durchschnittswerte zu Bauprodukten als auch produktspezifische Informationen auf Basis von Umweltproduktdeklarationen (EPDs). Letztere liefern als Produktdatenblätter der Hersteller detaillierte Informationen, beispielsweise zu Energieeinsatz, CO2-Emissionen, Herstellungsprozessen oder Transportwegen. Digitale LCA-Tools unterstützen Planende wie Architektinnen und Architekten zudem dabei, diese Daten in konkrete Ökobilanzen für ein Sanierungs- oder Neubauprojekt zu überführen.
Unterschiedliche Bewertungssysteme: QNG vs. DGNB
Eine Ökobilanz wird in Deutschland heute bereits in zwei Fällen vorausgesetzt: Als Bestandteil der freiwilligen DGNB-Zertifizierung hilft die Ökobilanz, die Nachhaltigkeit bei Neubau- und Sanierungsprojekten zu evaluieren. Darüber hinaus ist die Ökobilanz verpflichtender Teil des Qualitätssiegels Nachhaltiges Gebäude (QNG), das für den Antrag auf eine BEG-Förderung erforderlich ist.
Hinsichtlich Zielsetzung, Methodik und Bewertung werden allerdings verschiedene Anforderungen an die Ökobilanz gestellt. Unterschiede bestehen etwa beim Umgang mit grauen Emissionen: Während bei der DGNB nach einer Sanierung die schon bestehenden Bauelemente – vorausgesetzt, sie werden unverändert wiederverwendet – nicht erneut in die Bewertung einfließen, werden sie beim QNG anteilig berechnet. Wird ein Produkt etwa nach der Hälfte der geplanten Lebensdauer weiter genutzt, gehen die ursprünglichen Emissionen zu 50 Prozent in die Bewertung ein.
Weiterführende Informationen
Mehr Informationen zur Lebenszyklusanalyse finden sich im Themenbereich „Lebenszyklusbetrachtung“ des Gebäudeforums klimaneutral.