Glas ist ein transparenter Baustoff, der den Menschen aufgrund seiner Lichtdurchlässigkeit seit jeher fasziniert. Trotz seiner langen Geschichte ist Glas als serienreifer Baustoff erst vergleichsweise kurz marktfähig.Es ist ein anorganisches Schmelzprodukt, das bei der Abkühlung einen nicht kristallinen amorphen Zustand einnimmt.Physikalisch betrachtet handelt es sich also um eine erstarrte Flüssigkeit. Glas wird auf Basis von Siliziumdioxid hergestellt. Seine Hauptbestandteile sind Quarzsand, Natriumcarbonat (Soda) und Kaliumcarbonat (Kalkstein).
Weltweit werden jährlich etwa 130 Millionen Tonnen Glas produziert. Davon gehen 42 Prozent auf die verschiedenen Flachglasprodukte zurück. Laut einer Studie von „Glas for Europe“ werden jährlich mehr als 675 km2 Flachglas in Europa in Neubauten und bei Sanierungsvorhaben verbaut. Außerdem könnten durch den flächendeckenden Einsatz von modernen energieeffizienten Verglasungssystemen bis 2050 etwa 37 Prozent des Energieverbrauchs im EU-Gebäudesektor eingespart werden.
Die ersten Glasfunde gehen auf mehrere tausend Jahre vor Christus zurück. Dabei handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Zufallsprodukte anderer Brenn- oder Schmelzprozesse. Das erste gezielte Verfahren zur Herstellung von Glas kann auf die Zeit der Ägypter datiert werden. In Syrien wurde das Glasblasen etwa um 1000 v. Christus erfunden und von den Römern maßgeblich in Europa verbreitet.
Die Glasherstellung ist aufgrund der benötigten Temperaturen (heute etwa 1.560°C in der Schmelze) schon immer außerordentlich rohstoffintensiv gewesen. Folglich galt Glas bis ins 18. Jahrhundert als Luxusartikel. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand das Verfahren zum Ziehen von Glas aus der Schmelze. Dennoch existieren wirklich flache Gläser erst seit der Erfindung des Floatglasverfahren im Zinnbad im Jahr 1959 . Dabei wird die leichtere Glasschmelze auf ein Bad aus geschmolzenem Zinn geführt, wodurch sich auf der Oberfläche eine ebene und gleichmäßige Glasschicht bildet.
Heute wird Flachglas im Ziehglas-, Gussglas- und Floatglasverfahren hergestellt. Der größte Teil der Flachgläser wird dabei im Floatglasverfahren produziert. Im Jahr 2017 waren es 95,6 Prozent der gesamten Flachglasproduktion (Quelle: BV Glas). Etwa 80 Prozent des in Europa hergestellten Flachglases wird im Bausektor eingesetzt (Quelle: Glas for Europe). Die im Bauwesen hauptsächlich verwendeten Glasarten sind Flachglas, Pressglas, Schaumglas, Blähglas sowie Glasfasern.
Klimatische Auswirkungen der Glasherstellung
Die Glasherstellung war im Jahr 2021 mit allen zugehörigen Sektoren mit 7,4 Prozent des gesamten Industrieenergieverbrauchs die viertenergieintensivste Industrie in Deutschland (Quelle: Destatis). Die Produktion von Flachglas wird im Floatglasverfahren in einem nicht endenden, kontinuierlichen Prozess durchgeführt. Das bedeutet, die Wannen laufen je nach Typ 10 bis 20 Jahre ohne Unterbrechung am Stück. Um die benötigten Schmelztemperaturen zu erreichen, wird viel Energie benötigt. Die Industrie arbeitet bei der Erhitzung hauptsächlich mit fossilen Rohstoffen, bei deren Verbrennung es zur Freisetzung von drei Viertel der CO2-Emissionen des Schmelzprozesses kommt. Soda und Kalkstein werden bei der Herstellung hinzugefügt und während des Schmelzprozesses jeweils in Natriumoxid und Kalziumoxid umgewandelt. Dabei entstehen sogenannte prozessbedingte Emissionen, die Stickoxide (NOx), Schwefelsäure (SOx), Staubemissionen und weiteres CO2 enthalten.
Die Umstellung der Industrie auf erneuerbare Alternativen wie Wasserstoff, grünen Strom und vereinzelt Biogase gilt aufgrund des kontinuierlichen Herstellungsprozesses bislang als schwierig: „Zentrale Herausforderungen bilden die Verfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit, die Versorgungssicherheit sowie technische Risiken und die Kompatibilität mit gängigen Produktionsmethoden“ besagt der dena- Leitfaden Systematisch Energieeffizienz steigern und CO2-Emissionen senken in der Glasindustrie (PDF / 3MB).
Leitfäden
dena-Leitfaden „Systematisch Energieeffizienz steigern und CO2-Emissionen senken in der Glasindustrie“
Konkrete Ansatzpunkte zur Senkung der eigenen CO2-Emissionen bieten sich für viele energieintensive Industriebereiche, auch für die Glasindustrie. Der Leitfaden beschreibt, welche Stellhebel Glasproduzenten hierbei zur Verfügung stehen.
Stand: Mai 2023
PDF3 MB
Reduzierung von Emissionen
Verschiedene Maßnahmen wie Filtersysteme und optimierte Herstellungs- und Verbrennungsprozesse können zur Reduzierung der Emissionen beitragen. Auch Alternativen zu den eingesetzten Flussmitteln, die der Glasschmelze die gewünschten Eigenschaften verleihen, sind Bestandteil der aktuellen Forschung. Zur Diskussion stehen ebenfalls CCUS-Technologien (Carbon Capture Utilisation and Storage) zur Speicherung der CO2-Emissionen im Boden oder Wiederverwendung in anderen Prozessen.
Ein optimiertes Recycling von Scherben gilt aktuell als vielversprechendster Ansatz, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Die Wiederverwendung ermöglicht die Einsparung der bei der erstmaligen Herstellung freiwerdenden chemischen Emissionen. Diese verursachen bei der Produktion etwa ein Viertel des im Glasofen entstehenden Ausstoßes. Bei einer reinen Scherbenschmelze muss 25 Prozent weniger Energie eingesetzt werden als beim Einschmelzen der Grundrohstoffe. Laut der European Container Glass Federation FEVE wäre durch jede Tonne recyceltes Glas von der Wiege bis zur Wiege eine Einsparung von 670 kg CO2 (EU-Durchschnitt) möglich. Darüber hinaus kann durch eine zehnprozentige Steigerung des Scherbenanteils im Schmelzofen der Energieverbrauch um etwa 3 Prozent und die CO2-Emissionen um 3,6 Prozent gesenkt werden (Quelle: FEVE).
Lebenszyklus
Im europäischen Durchschnitt bleibt eine Glasscheibe 40 bis 50 Jahre als Teil einer Fassade. Ein großer Vorteil von Glas ist, dass es theoretisch ohne Qualitätsverluste wiederverwendbar ist, was eine geschlossene Kreislaufwirtschaft grundsätzlich ermöglicht. Nach aktuellen Zahlen gelangen jedoch lediglich elf Prozent der anfallenden Flachglasrezyklate wieder in ein Flachglas (Quelle: BF). Ein großer Teil stammt dabei meist aus eigener Produktion oder aus der sogenannten „Vor-Konsumenten“-Stufe. Ein Drittel der anfallenden Rezyklate bleibt in Form von Glaswolle im Bausektor, während die größte Menge für die Herstellung von Hohlgläsern verwendet wird. Die Hohlglas-Industrie ist in Deutschland bereits deutlich weiter fortgeschritten und erreicht teilweise Recyclingraten von bis zu 95 Prozent bei Grünglas 60 bis 80 Prozent bei Braunglas und 50 bis 70 Prozent bei Weißglas (Quelle: BMWE).
Eine große Herausforderung beim Recycling von Flachglas sind die hohen Qualitätsansprüche für architektonisch verwendetes Glas. Aufgrund der vielseitigen Verbund- und Beschichtungsmöglichkeiten ist eine sortenreine Trennung ohne Verschmutzungen wie beispielsweise durch Bauschutt oder Rahmenteile aufwendig und teuer. Je reiner das Glasrezyklat ist, umso besser eignet es sich für eine Wiederaufbereitung im Flachglas.
Recyclingunternehmen, die Glasabfälle annehmen und verwerten, können häufig nicht differenzieren, ob es sich um sortenreine Verschnittreste aus dem „Vor-Konsumenten“-Bereich handelt oder ob das Glas aus Sanierungsmaßnahmen und somit der „Nach-Konsumenten“-Stufe stammt. Für die Herstellung von Flachglas wird in Europa ein durchschnittlicher Scherbeneinsatz von 20 bis 26 Prozent beziffert. Ein wichtiger Aspekt sind die entstehenden Zusatzkosten für Transport und Aufbereitung, die das Potenzial aktuell noch hemmen. Flachglas, das keinem Recycling oder einer anderen Verwendung zugeführt werden kann, wird in der Regel deponiert.
Gebäudehülle
Die Gebäudehülle trennt das Innenvolumen von der äußeren Umgebung oder anderen Bauteilen. Sie umfasst sämtliche Außenbauteile eines Gebäudes.
Im Bauwesen werden Baustoffe aus Glas vielseitig eingesetzt und verwendet. Einige Beispiele sind unter anderem Fensterscheiben, Glasfassaden, Trennwände, Kuppeln, Dächer, Brüstungen, Treppen, Dämmmaterialien, Photovoltaikanlagen.
Folgende Eigenschaften zeichnen Glas aus:
Aufgrund der hohen Druckfestigkeit ist Glas bei richtiger Belastung tendenziell tragfähig.
Das Versagen von Glas wird maßgeblich durch Risse in der Makrostruktur und das Überschreiten der Zugfestigkeit bedingt. Die häufigsten Fehlstellen befinden sich an den Kanten der Scheiben. Hier entstehen am schnellsten Mikrorisse, weshalb eine sorgfältige Verarbeitung der Kanten die Festigkeit steigern kann. Bis es zum Bruch kommt zeigt Glas ein nahezu linear-elastisches Werkstoffverhalten auf und kündigt einen Bruch nicht an, was aus sicherheitstechnischen Aspekten sehr ungünstig ist. Diese Eigenschaften können durch das thermische Vorspannen oder das Herstellen von Verbundgläsern beeinflusst werden.
Glas ist, abgesehen von stark ätzender Flusssäure, sehr beständig gegen die meisten Chemikalien und weist eine außergewöhnlich lange Lebensdauer auf. Betone, Zement, Mörtel und Gipse sind zum Teil hochalkalisch und deshalb dazu in der Lage, Glas zu beschädigen.
Glas gehört grundsätzlich zu den nicht brennbaren Materialien der Klasse A1. Jedoch ist die im Brandfall entstehende Hitze in der Lage, durch die Scheibe zu strahlen, so dass sich im Zweifelsfall dahinterliegende Gegenstände entzünden können. Aus diesem Grund wird Flachglas nach nationaler Norm (DIN 4102-4:2016-05) zusätzlich in die Feuerbeständigkeitskategorie F (Strahlenundurchlässig) oder in die Kategorie G (Strahlendurchlässig) eingeteilt. Glas weist in der Regel eine Rohdichte von 2500 kg/m3 auf. Die spezifische Wärmeleitfähigkeit von Normalglas liegt zwischen 0,8 und 1,0 W/mK.
Eigenschaften wie Farbe und Feuerbeständigkeit des Glases lassen sich gezielt durch die Beimengung von Zusatzstoffen und Aufbringung von Beschichtungen bzw. Folien beeinflussen.
Verschiedene Glasarten und Verglasungssysteme
Es lassen sich verschiedene Glasarten und Verglasungssysteme unterscheiden:
Druckfestigkeit von 700 bis 900 N/mm
Charakteristische Biegezugfestigkeit von 45 N/mm
Thermisch vorgespanntes Glas mit erhöhter Biegezugfestigkeit sowie erhöhte Stoß- und Schlagfestigkeit
Empfindlich gegen Stöße auf die Kante
Biegezugfestigkeit von 120 N/mm
Wird vorwiegend als Verbundsicherheitsglas eingesetzt
Herstellungsprozess entspricht dem des Einscheiben-Sicherheitsglases, TVG hat jedoch einen langsamerem Abkühlungsprozess
Biegezugfestigkeit von 70 N/mm
Splitterbindung durch Verbundfolie: Bei einer Zerstörung halten die Splitter an der Verbundfolie.
Bessere Schalldämmeigenschaften als Normalglas
Wurde als Sicherheitsglas mit Resttragfähigkeit entwickelt.
Verfügt über verringerte Tragfähigkeit (25 N/mm Biegezugfestigkeit) aufgrund beeinflusster Glasstruktur.
Heute nicht mehr als neu verbautes Sicherheitsglas zugelassen. Es besteht hohes Verletzungsrisiko wegen des Bruchbildes mit abstehenden Drähten. Heute eher für optische Zwecke eingesetzt.
Wärmedämmung: mittels Gasfüllung im Scheibenzwischenraum und Beschichtung (low-e)
Schalldämmung: mittels Gasfüllung im Scheibenzwischenraum, Asymmetrie, erhöhtem Scheibenabstand und Verbundglas.
Hitzebeständiger durch die Zugabe von Boroxid bei der Herstellung von Floatglas
Verringerung der durchdringenden Wärmestrahlung durch Auftragen von Brandschutzbeschichtungen
Gelten als nachhaltige Dämmstoffe, da es Recyclingprodukte sind, die verrottungs- und wasserresistent sind
Geeignet für Perimeterdämmungen
Verwendung als Zuschlagsstoff für Leichtbetone möglich
Zusätzliche Funktion als Sauberkeits- und Drainageschicht sowie als Frostriegel
Vielseitig einsetzbar, beispielsweise in Wärmedämmung oder als Bewehrung im Beton
Die Anforderungen an das Glas sind höher als an gewöhnliches Flachglas, da ein hoher Transmissionsgrad wichtig ist.
Eiseneinschlüsse sind diesbezüglich schlecht und verringern den Wirkungsgrad der Module.
Niedrigere Grenzwerte werden gefordert.
Lichtlenkende Verglasung: starr im Scheibenzwischenraum integrierter Systeme; häufig konkave Profile, die das Tageslicht an die Decke werfen; kein Verschmutzen und aufwändiges Warten der Lamellen nötig
Lichtstreuende Verglasung: verhindert direkte Sonneneinstrahlung und schafft gleichmäßigere Lichtverteilung im Raum; interessant für Nordfassaden oder als Sichtschutz; kein Hitzeschutz gegeben und Blendungsgefahr in unmittelbarer Nähe
Elektrochrome Verglasung: bezeichnet die Fähigkeit von beschichteter Verglasung unter Einfluss von geringer Gleichspannung die Farbe zu wechseln; z. B. eingesetzt als Sonnenschutzverglasung oder als Sichtschutz; steuerbar
Thermochrome Verglasung: eine Schicht, die in Abhängigkeit der gegebenen Temperatur mehr oder weniger Licht durchlässt; hauptsächlich eingesetzt als Sonnenschutzverglasung; nicht steuerbar
Photochrome Verglasung: eine Schicht, die in Abhängigkeit der einfallen UV-Strahlung mehr oder weniger Licht durchlässt; hauptsächlich als Sonnenschutzverglasung verwendet; nicht steuerbar und verhindert auch im Winter solare Wärmegewinne
Thermotrope Verglasung: integrierte Gelschicht wird bei Erwärmung trüb; geeignet als Sonnen- und Blendschutz sowie zur Lichtlenkung; einstellbare Schalttemperatur und reflektierender Wellenlängenbereich
Gasochrome Verglasungen: Wolframoxidschicht reagiert mit Wasserstoff in der Funktionsebene und verfärbt sich nach einigen Minuten reversibel blau; z. B. eingesetzt als Sonnenschutzverglasung; günstiger als elektrochrome Verglasungen, dafür längere Wartezeit
Folgende Diagramme entstammen dem dena-Gebäudereport 2025. Der Gebäudereport als PDF-Download sowie weitere interaktive Diagramme mit Zahlen und Daten zum Gebäudebestand in Deutschland können auf der Themenseite zum Gebäudereport 2025 abgerufen werden.
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Beton ist eines der wichtigsten Baumaterialien und unverzichtbar für die Errichtung moderner Infrastruktur, trägt aber durch seine emissionsintensive Herstellung und die großen Produktionsmengen zu 8 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen bei.
Diverse Plattformen, Marktplätze und Organisationen haben sich auf Urban Mining spezialisiert. Sie bieten gebrauchte Bauteile und recycelte Baustoffe an, damit zirkuläre Planung und ein entsprechender Bau und Rückbau praktisch umgesetzt werden können.
Mit dem Urban Mining Index als Systematik und Planungsinstrument kann die Kreislauffähigkeit, also die Nachnutzungsfähigkeit von Baukonstruktionen und Baustoffen in der Neubauplanung objektiv bewertet und gemessen werden.