Projekt
Die Hans-Jürgen Müller GmbH & Co. KG stellt als Familienunternehmen in dritter Generation Produkte der Rasurkultur unter der Marke MÜHLE her. Für das expandierende Unternehmen wurde eine neue Produktionshalle benötigt. Der Architekt Sebastian Thaut setzte sie als Bindeglied zwischen zwei ältere Produktionsbauten, sodass der Neubau den Bestand auf dem schmalen, am Hang gelegenen Werksgelände sinnvoll verdichtet.
Gekühlt, geheizt und belüftet wird das Gebäude über kaskadierte, also parallel geschaltete und stufenweise zu- bzw. abschaltbare Erdwärmepumpen, die ihre Energie aus Tiefenbohrungen beziehen. Die Bodenplatte aus Stahlbeton trägt über eine Fußbodenheizung auf Basis der Grundwasser-Wärmepumpe zur Temperierung bei. Die komplexe Lüftungsanlage saugt über ein unterirdisches System Luft an und gibt sie jeweils nach Bedarf gekühlt oder gewärmt an die Räume ab. Eine Photovoltaikanlage auf dem größtenteils begrünten Dach ergänzt die bestehenden Solarmodule. Derzeit können rund 40 % des gesamten Strombedarfs des Werkskomplexes inklusive der Produktion über die Photovoltaikanlage gedeckt werden.
Das Neubauprojekt zeigt, dass Produktionsgebäude für die Industrie mit Fokus auf Ressourceneffizienz sowohl ästhetisch hochwertig geplant werden als auch die Unternehmensphilosophie überzeugend vermitteln können.
- Energieeffizienz
- Neubau
- Nichtwohngebäude
- Wärmepumpe
Bautafel:
Bauvolumen/ Beheizte Fläche
2.860 m³ / 400 m²
Baukosten
• 1,1 Mio Euro
• Sächsische Aufbau Bank: Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW)
Planungs-/Bauzeit
04/2022-09/2023
Verwendetes Material
• Maschinell flügelgeglätteter Stahlbetonboden mit einer hoch verschleißfesten, staubarmen und ebenen Nutzfläche
• Tragende Elemente sind als Holzkonstruktionen ausgeführt: Säulen und Balken aus Schichtholz, Decke und Dach als massive Brettsperrholzelemente
• Innenliegende Fensterkonstruktionen und Akustikverkleidung aus Holz
Verwendete Gebäudetechnik
• Sole-Wasser-Wärmepumpen: Viessmann Kaskade Vitocal 200- G, Tiefenbohrung als Wärmequelle
• Raumtemeperierung über Industrieflächenheizung: Heizleistung: 27 kW, Kühlleistung: 17 kW, Jahresarbeitszahl: 5,6
• Photovoltaik-Anlage mit 138 Modulen auf dem Gründach und einer maximalen Leistung von 47,5 kWp: 94 Stück mit je 300 W + 44 Stück mit je 440 W
Herausforderungen
Herausfordernd war das Einfügen des neuen Produktionsgebäudes in den Bestand aus mehrere Hallen auf dem geneigten Gelände mit gleichzeitger Rücksicht auf die benachbarten, eher kleinteiligen Häuser im Mischgebiet. Der Neubau sollte sich einerseits abheben und anderseits nicht zu dominant wirken. Vorgabe für die Gebäudehöhe waren war u.a. die Unterbringung von rund 5 m hohen Lagerregalen, sodass der Neubau etwas über den Bestand herausragt.
Die identitätsstiftende Architektur orientiert sich in ihrer Formen- und Materialsprache an den Produkten und der Arbeitsweise des Unternehmens. Sie setzt auf den regionalen, nachwachsenden Rohstoff Holz, der in der Gestaltung traditionell und gleichzeitig modern, markant und dennoch zurückhaltend wirkt. Der Neubau gliedert sich in einen eingeschossigen Produktionstrakt und einen zweigeschossigen Bereich mit Büro- und Verwaltungsräumen sowie einem Konferenzraum im Obergeschoss mit Blick in die Produktion.
Ziele & Erfolge
Mit dem Neubau sollte ein Arbeitsplatz geschaffen werden, der in seiner Beschaffenheit den Produkten und Arbeitsweisen des Unternehmens entspricht. Eingehüllt in Glas, vermittelt der Baukörper Offenheit. Er lässt die Umgebung optisch in den Raum fließen und ermöglicht Einblicke von außen in den Produktionsprozess. Die verglasten Fassadenanteile ermöglichen eine optimale natürlich Belichtung der Innenräume. Fein schimmernde und präzise gefaltete Aluminiumprofile strukturieren die Fassade – ein Verweis auf die Rasierprodukte, die hier hergestellt werden. Im Gegensatz zum äußeren Erscheinungsbild ist das Innere überwiegend von Holzoberflächen geprägt. Eingesetzt wurde Holz aus der Region, das neben seinen angenehmen optischen, konstruktiven und isolierenden Eigenschaften auch für ein gesundes Raumklima sorgt.
Der Einsatz von Wärmepumpen als „Kaskade“ hat gleich mehrere Vorteile: Die Wärmepumpen lassen sich durch die abgestufte Zuschaltung mehrerer Geräte – also im Teillastbetrieb – passgenauer regeln und arbeiten entsprechend effizienter. Lastspitzen können leichter ausgeglichen werden. Die ganzjährig milden Quelltemperaturen des Erdreichs von ca. 0°-12° C in Kombination mit niedrigen Vorlauftemperaturen ermöglichen eine Optimierung jeder Kaskadenstufe.
Die hohen Jahresarbeitszahlen (JAZ) von bis zu 5,6 verringern die Betriebskosten. Bei Ausfall oder Wartung einer Wärmepumpe arbeiten die übrigen Pumpen weiter und halten die Wärmeversorgung zuverlässig aufrecht. Im Sommer kann mit einer Sole-Wasser-Wärmepumpen-Kaskade passiv gekühlt werden, indem die natürliche Erdreichkühle über einen Wärmetauscher direkt ins Gebäude übertragen wird. Dabei bleiben die Wärmepumpen abgeschaltet und nur die Pumpen mit minimalem Energieeinsatz arbeiten. Die Stahlbetonbodenplatte temperiert über eine industrielle Fußbodenheizung auf Basis der Grundwasser-Wärmepumpe die Halle. Die Photovoltaikanlage auf dem größtenteils begrünten Dach ergänzt die bestehende PV-Anlage und liefert den Strom für die Wärmepumpen sowie die Gebäude inkl. Produktion. Damit deckt sie rund 40 % des Gesamtstrombedarfs.
Weitere Aspekte
Quadratmeter beheizte Fläche
Die beheizte Fläche beträgt 400 m².
Photovoltaikmodule
Die PV-Anlage verfügt über 138 Module.
kW Heizleistung
Die Heizleistung der Industrieflächenheizung beträgt 27 kW.
Das Projekt wurde mehrfach ausgezeichnet, z.B. mit dem „best architects award 25“ und mit dem „Monocle Design Award 2024“ als bestes Produktionszentrum. Im Rahmen des „Sächsischen Staatspreises für Baukultur 2024“ erhielt das Produktionsgebäude eine Anerkennung und eine Nominierung beim „DAM Preis für Architektur in Deutschland 2025“.