Ansatz
Die „Wilde Klimawand” ist eine innovative Fassadenbegrünungslösung zur Förderung der Biodiversität sowie Klimaanpassung in urbanen, hochverdichteten Räumen. Die Wilde Klimawand weist durch die Integration von einheimischen Wildstauden, Kräutern und Gräsern sowie gezielt darauf abgestimmten modularen Habitatsystemen (= Brut- und Nistplätze für Wildbienen, Vögel sowie Fledermäuse) eine für Vertikalbegrünungen bisher einzigartige, heterogene Pflanzen- und Strukturvielfalt auf.
Die Wand wurde von einem interdisziplinären Team aus Wissenschaftlern und Praktikern entwickelt sowie erprobt und nutzt die vertikale Fläche von Gebäuden, um urbane Räume nachhaltig zu transformieren. Durch die gezielte Auswahl und den Einsatz einheimischer Pflanzenarten und die Integration in die bestehende Architektur wird eine passive Kühlung und Reduzierung des Wärmeinseleffekts in Städten erreicht, was sich insbesondere an heißen Sommertagen positiv auf das Stadtklima sowie das Komfortempfinden der Stadtbewohnerinnen und -bewohner auswirkt.
Die „Wilde Klimawand“ bietet so eine multifunktionale Lösung, die städtischen Klimaanpassungsstrategien dient und gleichzeitig die ökologische Vielfalt stärkt. Diese Fassadenbegrünung trägt damit zu einer klimafreundlichen und naturnahen Stadtentwicklung bei.
- Innovation
Datenblatt:
Themenfeld
(Nach-)Begrünung urbaner Räume
Art der Innovation
Multifunktionale Grünfassade
Reifegrad
Marktreife
Initiatoren
Hochschule und Forschungsinstitut

Herausforderungen


Fassade der unbegrünten Bestandshalle im Jahr 2022 sowie Fassade der begrünten Halle im Jahr 2024
Marktgängige, konventionelle Grünfassadensysteme werden primär aus einem gestalterischen Anspruch heraus geplant und umgesetzt. Aus optischen Gründen wird meist eine geringe Artenvielfalt mit immergrünen und häufig nicht-einheimischen Pflanzenarten sowie eine monospezifische, strukturarme Bedeckung eingesetzt.
Demgegenüber bietet die „Wilde Klimawand” eine einzigartige Strukturvielfalt. Durch wissenschaftliche Analysen, verknüpft mit langjährigen, gärtnerischen Erfahrungen aus der Praxis kombiniert die „Wilde Klimawand” einheimische Pflanzenbestände mit darauf abgestimmten Habitatstrukturen. Bei der Wahl der Pflanzenarten lag der Fokus auf einer heterogenen Pflanzenzusammensetzung mit wechselndem und für die einheimische Fauna wertvollem Blühvorkommen mit hohem Nektar- und Pollengehalt. Da es bisher kein vergleichbares System auf dem Markt gibt, wurden viele der Pflanzen erstmalig in der Vertikalen eingesetzt und auf deren Funktionstauglichkeit erprobt. Auch das biodiversitätssensible Pflegemanagement wurde auf die Bedürfnisse und Anforderungen von Flora und Fauna angepasst und erstmalig erprobt.
Ein weiterer technischer Aspekt war die Integration der Begrünung in bestehende Gebäude, ohne die strukturelle Integrität zu beeinträchtigen. Der Erfolg des Projekts hing zudem von der Schaffung eines biodiversitätssensiblen Pflegekonzepts ab, dass langfristig die Vitalität sowie die Artenvielfalt in der Vertikalen fördert.
Ziele & Erfolge
Ziel war die Entwicklung eines innovativen Grünfassadensystems zur Förderung der Biodiversität sowie Klimaanpassung für urbane Räume.
Neben dem Potenzial zur Förderung der Biodiversität leistet die „Wilde Klimawand” einen wichtigen Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel sowie zum Klimaschutz für Mensch, Flora und Fauna:
- Erstens kühlen Pflanzen und Substrat an heißen Sommertagen das Bauwerk sowie die Umgebung und erhöhen damit das Wohlbefinden der Menschen in Außenräumen.
- Zweitens zeichnet sich die „Wilde Klimawand” durch eine dichte und tiefe Pflanzenschicht aus. Dies reduziert an heißen Sommertagen den Wärmedurchgang durch die Fassade bzw. den Wärmeeintrag ins Gebäude. Daraus resultiert wiederum ein verringerter Kühlenergiebedarf bzw. reduzierte Raumlufttemperaturen im Gebäudeinneren.
- Drittens werden bei der „Wilden Klimawand” die mikroklimatischen Auswirkungen auf die Anforderungen und Bedürfnisse von Flora und Fauna selbst berücksichtigt und optimiert. Auch die Flora und Fauna ist vulnerabel gegenüber den Folgen des Klimawandels. So ist bspw. der Mauersegler besonders vom Klimawandel betroffen, da die Brut sensibel auf hohe Temperaturen in der Bruthöhle reagiert. Durch eine dichte, kühlende Pflanzenschicht rund um die Habitatstrukturen können hohe Temperaturen in der Bruthöhle verringert und die Qualität für bestimmte Zielarten erhöht werden.
In Summe unterstützt die „Wilde Klimawand” somit vielfältige Gestaltungsansätze für die Schaffung von resilienten und lebenswerten Städten für Mensch, Flora und Fauna.

Zahlen & Daten
Tage Bauzeit
Die Bauzeit der 120 m² betrug drei Tage.
Pflanzenarten
Die „Wilde Klimawand” beherbergt über 70 unterschiedliche und primär einheimische Pflanzenarten.
Liter Verdunstung
Die Verdunstungs- und Kühlleistung der „Wilden Klimawand” an einem heißen Sommertag entspricht mit einer Verdunstung von ca. 720 Litern (bei 120 m²) etwa der Verdunstungsleistung von drei gesunden Stadtbäumen.
Weitere Zahlen & Daten
- Die außenliegenden Oberflächentemperaturen der Fassade können durch das Grün an einem heißen Sommertag um > 15 K reduziert werden.
- Die „Wilde Klimawand” hat die Schallabsorberklasse A.
- Das erste Amselpärchen nistete bereits zwei Wochen nach Fertigstellung in der Fassade.
Akteure, Links & Praxis
Weiterführende Informationen
Projektinfos
Downloads
Leitfaden für biodiversitätsfördernde Fassadenbegrünung (PDF / 19 MB)