Projekt
Das Einfamilienhaus im emsländischen Papenburg zeigt, wie die Wärmewende selbst in einem 100 Jahre alten Bestandsgebäude gelingen kann. Unter Beibehaltung der historischen Klinkerfassade wurde ein durchdachtes Gesamtkonzept umgesetzt: Sanierung der Gebäudehülle, Austausch der Heizkörper und die Installation einer Luft/Wasser-Wärmepumpe.
Ziel war es, vollständig auf fossile Energieträger zu verzichten und gleichzeitig die Energiekosten dauerhaft zu senken. Das Gebäude mit 180 m² Wohnfläche beweist heute, dass sich auch Altbauten mit regenerativen Systemen effizient betreiben lassen.
Die Umstellung auf eine regenerativ betriebene Wärmeerzeugung erforderte zunächst eine gezielte energetische Verbesserung der Gebäudehülle. Denn mit einer ursprünglichen Heizlast von rund 18 Kilowatt war das hundert Jahre alte Klinkerhaus für den direkten Einsatz einer Wärmepumpe ungeeignet.
In einem ersten Schritt wurden daher die alten Holzfenster gegen dreifach verglaste Modelle mit einem U-Wert von 0,78 getauscht. Ergänzend wurde die oberste Geschossdecke mit einem Mineralwolle-Klemmfilz gedämmt. Besonders wirksam war die Einblasdämmung der zweischaligen Außenwände: Eine sieben Zentimeter starke Schicht aus Mineralfaser wurde zwischen Trag- und Vorsatzschale eingebracht – ohne die historische Sichtfassade zu beeinträchtigen.
Durch diese Maßnahmen konnte der Heizwärmebedarf des Gebäudes von 185 auf rund 80 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr gesenkt werden.
- 65% Erneuerbare Energien
- Sanierung
- Wärmepumpe
- Wohngebäude
Bautafel:
Wohngebäude
Einfamilienhaus, Baujahr 1924, regionaltypische Klinkerbauweise
Standort
Papenburg, Niedersachsen
Wohnfläche
ca. 180 m²
Verwendete Gebäudetechnik
Luft/Wasser-Wärmepumpe Vaillant aroTHERM plus VWL 125/6 A (10,9 kW)
Hydraulikeinheit, 100 l Pufferspeicher, 280 l Warmwasserspeichertart
Photovoltaikanlage
Wärmeverteilung
Austausch aller Heizkörper gegen größere Modelle
Vorlauftemperatur reduziert von 70 °C auf 50 °C
zusätzlicher Heizkreis mit Flächenheizung (Anbau, ca. 35 °C)
Bauliche Maßnahmen
Neue Fenster mit Dreifachverglasung (U-Wert 0,78)
Dämmung der obersten Geschossdecke mit Klemmfilz 180, WLG 032
Einblasdämmung aus Mineralfaser (7 cm, WLG 035) in zweischaligem Mauerwerk
Energetischer Zustand
Heizwärmebedarf vor Sanierung: 185 kWh/m²a
Heizwärmebedarf nach Sanierung: 80 kWh/m²a
Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe: 4,2
Energieverbrauch
Vor Sanierung: 34.000 kWh Gas + 5.500 kWh Strom
Nach Sanierung: 5.500 kWh Haushaltsstrom + ca. 5.500 kWh Wärmepumpenstrom
Gesamtersparnis: ca. 28.000 kWh jährlich
Herausforderungen
Die größte Herausforderung bestand in der baulichen Ausgangssituation des 100 Jahre alten Hauses. Zwar war das Einfamilienhaus über die Jahre modernisiert worden, doch fehlten wesentliche energetische Standards. Vor allem die alte NT-Gasheizung, ungedämmte Bereiche und die unzureichende Luftdichtheit stellten Hindernisse dar. Die vorhandenen Radiatoren arbeiteten mit hohen Vorlauftemperaturen von bis zu 70 °C – deutlich zu viel für eine effiziente Wärmepumpe.
Hinzu kam die typische Bauweise mit zweischaligem Mauerwerk und Sichtklinkerfassade, die den Erhalt des äußeren Erscheinungsbildes erforderte. Für eine Wärmepumpe bedeutete dies: Der Heizwärmebedarf war mit etwa 18 kW zu hoch, um direkt mit regenerativer Technik gedeckt zu werden.
Das zentrale Ziel des Projekts bestand deshalb darin, die Heizlast auf ein technisch sinnvolles Maß zu senken – bei gleichzeitigem Erhalt der äußeren Fassadenstruktur und ohne Umstellung auf eine Flächenheizung. Stattdessen sollte die Wärmeverteilung über effizientere Heizkörper erfolgen. Parallel dazu verfolgte die Familie Klee das Ziel, ihre Stromversorgung teilweise durch eine PV-Anlage selbst zu decken, um sich energetisch unabhängiger zu machen. Auch die monatlichen Energiekosten sollten langfristig sinken.

Ziele & Erfolge
Nach Abschluss der baulichen Sanierung wurde die alte NT-Gastherme demontiert und durch eine Luft/Wasser-Wärmepumpe ersetzt. Die Außeneinheit mit einer Heizleistung von 10,9 Kilowatt wurde schalloptimiert neben dem Haus aufgestellt. Im Technikraum übernahm eine kompakte Hydraulikeinheit die Anbindung an das Heizsystem. Zur Unterstützung wurden ein 100-Liter-Pufferspeicher für das Heizwasser sowie ein 280-Liter-Speicher für die Warmwasserversorgung installiert.
Da konventionelle Radiatoren mit hohen Vorlauftemperaturen arbeiten, musste auch die Wärmeverteilung im Gebäude angepasst werden. In allen Räumen wurden die 12 bestehenden Heizkörper durch größer dimensionierte Modelle ersetzt, die eine ausreichende Heizleistung auch bei einer reduzierten Vorlauftemperatur von 50 Grad Celsius ermöglichen. Im Anbau des Hauses kommt zusätzlich eine Flächenheizung zum Einsatz, die mit etwa 35 Grad betrieben wird. Die beiden Heizkreise wurden beibehalten, arbeiten nun jedoch temperaturdifferenziert.
Mit dieser Konfiguration kann die Wärmepumpe die Heizlast von zwölf Kilowatt vollständig decken. Die prognostizierte Jahresarbeitszahl liegt bei 4,2. Der gesamte Energiebedarf des Hauses – einschließlich Haushaltsstrom und Wärmeerzeugung – beläuft sich heute auf rund 11.000 Kilowattstunden pro Jahr. Vor der Sanierung lag dieser Wert noch bei etwa 39.500 Kilowattstunden: 34.000 Kilowattstunden Gas und 5.500 Kilowattstunden Strom.
Durch die frühzeitige Einbindung eines Energieberaters konnten etwa 35 Prozent der Kosten für die Heizungsmodernisierung über Fördermittel gedeckt werden. Die Gesamtinvestition lag im hohen fünfstelligen Bereich. Entscheidend für die Eigentümerfamilie war dabei nicht nur die Einsparung bei den monatlichen Energiekosten – die Abschlagzahlung an den Energieversorger konnte um die Hälfte reduziert werden –, sondern vor allem auch der ökologische Effekt: Der CO₂-Ausstoß des Hauses wurde um etwa 45 Prozent gesenkt.

Lessons learned
Das Projekt in Papenburg zeigt eindrucksvoll, dass die Wärmewende auch in einem 100 Jahre alten Einfamilienhaus möglich ist – wenn technische Grenzen realistisch eingeschätzt und konsequent adressiert werden. Der bloße Tausch einer fossilen Heizung gegen eine Wärmepumpe reicht bei unsanierten Bestandsgebäuden in der Regel nicht aus. Erst die gezielte Reduktion des Heizwärmebedarfs über Dämmmaßnahmen und ein durchdachtes Konzept zur Wärmeverteilung eröffnet den Weg zur regenerativen Versorgung.
Prozent CO₂-Einsparung
Nach der Sanierung konnte der CO₂-Ausstoß um beachtliche 45 Prozent reduziert werden.
Kilowattstunden Ersparnis pro Jahr
Nach der Sanierung beträgt der Energieverbrauch nur noch 5.500 kWh für Haushaltsstrom zzgl. ca. 5.500 kWh Wärmepumpenstrom. Vorher betrug er im Vergleich 34.000 kWh für Gas und 5.500 kWh für Strom.
Besonders praxisrelevant ist dabei der Verzicht auf eine Flächenheizung: Statt umfangreicher Umbauten wurde die bestehende Wärmeverteilung durch raumweise neu dimensionierte Heizkörper optimiert – mit dem Ziel, eine Vorlauftemperatur von 50 Grad Celsius zu ermöglichen. Dieser Weg ist übertragbar auf viele weitere Gebäude ähnlicher Bauart.
Das Projekt belegt zudem, dass energetische Einzelmaßnahmen deutlich an Wirkung gewinnen, wenn sie aufeinander abgestimmt erfolgen. Die Kombination aus Einblasdämmung, Fenstertausch und oberster Geschossdeckendämmung bildete die notwendige Grundlage für den erfolgreichen Einsatz der Wärmepumpe.
Nicht zuletzt war die frühzeitige Einbindung eines unabhängigen Energieberaters entscheidend für die technische Qualität und finanzielle Förderfähigkeit der Maßnahme. So konnten die Bauherren nicht nur ihre laufenden Kosten signifikant senken, sondern einen spürbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten – ohne Kompromisse beim Wohnkomfort und bei Erhalt der architektonischen Identität ihres Hauses.